Zitat (Nachi, 12.09.2015) |
Nur wer ehrlich über die Herausforderungen spricht und dazu gehört das es nur pro oder kontra gibt, wird erkennen das es nur den Menschenfreund oder eben den Rassisten gibt. |
damit spielst du jenen in die hände, die ebenfalls nur schwarz und weiß sehen, manchmal sogar im wahrsten sinne des wortes. außerdem ist es kein widerspruch, ein rassist und trotzdem ein menschenfreund zu sein, und manche menschen sind weder das eine noch das andere. deswegen sehe ich diese bemerkung als völlig inhaltslos an.
es sind die vielen kleinen zwischentöne, die das ganze sehr viel komplizierter machen. bei unwissenden, die sich dessen nicht einmal bewusst sind, kann man anfangen, denn niemand weiß alles und fällt urteile aufgrund dieser unwissenheit. unwissenheit ist recht oft der grund für bedenken oder auch befürchtungen. ist diese beiseitigt und gibt immer noch die gleiche einstellung, ist es nur noch dummheit oder die eigene geisteshaltung, die nun klarer hervortritt.
im großen und ganzen sehe ich bei den deutschen, die sich so mit händen und füßen gegen asylbewerber und migranten wehren, ein problem: sie blenden aus und ignorieren, und zwar viel. dass es nicht nur "deutsche" sind, die hier leben und leben dürfen, dass sie ein teil von uns und deutschland sind, dass in deutschland religionsfreiheit gilt, dass deutschland asyl gewährt, dass manche menschen ihre kulturellen wurzeln in vielerlei hinsicht pflegen und bewahren und dass deutsch sein, wie es damals auch im dritten reich propagiert wurde, nicht bedeutet, wie ein bilderbuch-norweger der früheren jahrhunderte auszusehen.
das gebiet, das wir heute als deutschland bezeichnen, ist seit jahrtausenden von migration betroffen. entweder haben alle, die das nicht beachten oder wahrhaben wollen, im geschichtsunterricht geschlafen oder seitdem wirklich keinerlei fortbildung irgendeiner art mitbekommen, und sei es auch nur zeitung lesen. alle möglichen stämme sind hier durchmarschiert, sind teilweise geblieben, haben sich mit den bereits vorher ansässigen vermischt und nachkommen produziert, und genauso gingen auch viele und haben sich in anderen gebieten, vor allem europa, niedergelassen. ist es da ein wunder, dass mitteleuropäer so verschieden aussehen?
ein dirndl in düsseldorf kann ebenso ausdruck der kultur sein wie eine landestypische bekleidung aus kamerun. und wer will da allen ernstes und auf welcher grundlage sagen, dass das eine akzeptabel ist, das andere aber ein zeichen von mangelnder integrationsbereitschaft?
weiterhin wird von den "besorgten bürgern" mit begriffen um sich geworfen, die sie teilweise nicht einmal in ihrer wahren bedeutung kennen und dinge fordern, die ganz klar völlig gegen die absicht und aussage des grundgesetztes sind. niemand muss seine wurzeln vergessen, begraben und verleugnen, ganz gleich, woher er kommt. wer assimilation verlangt, überschätzt sich erheblich. das steht niemandem zu.
kritisch wird der charakter eines menschen für mich dann, wenn er taten einzelner oder mehrerer als grund dafür nimmt, eine komplette nationalität, eine kulturelle gruppe, eine hautfarbe oder möglicherweise auch angehörige einer religion völlig abzulehen oder sogar zu bekämpfen. das sind dann vorurteile in ihrer reinsten form, und bewusste ausgrenzung. in ausnahmefällen kann das verständlich, nachzuvollziehen oder sogar richtig sein, aber nicht dann, wenn im grundsatz noch das zählt und nicht mehr der mensch an sich.
die flüchtlingsströme in ihrer jetzigen form sind ein großes problem, darin sind sich vermutlich alle einig. für die asylbewerber, weil sie ihre heimat verlassen mussten. für die städte und länder, weil anforderungen auf sie zukommen, die sie bisher vernachlässigt haben. für bürger dieses landes aus unterschiedlichen gründen. entweder, weil sie der meinung sind, gefahrensituationen in anderen ländern ginge deutschland nichts an, oder weil sie sich wieder einmal damit konfrontiert sehen, dass deutschland ein einwanderungsland ist, was sie nicht wahrhaben wollen.
ich mache mir auch sorgen, und zwar darüber, was aus diesen menschen, die hier zuflucht suchen, werden wird. wie werden sie deutschland erleben? werden angriffe überhand nehmen? das verhältnis der deutschen zu lagern ist ohnehin seltsam: vor siebzig jahren wurden riesengroße nicht beachtet, man "wusste von nichts", niemals hat man gesehen, wie große massen an menschen buchstäblich angeliefert wurden, und heute zieht es menschenmassen oder auch nur einzelne, manchmal vielleicht auch besonders "mutige" grüppchen, zu sehr viel kleineren lagern (hier möchte ich lieber unterbringungen sagen) hin, um diese zu bedrohen, zerstören, die bewohner zu demütigen oder in angst und schrecken zu versetzen. was für eine welt!
wie oft höre ich die klage, als deutscher sei man ja überall im ausland als nazi verschrien. eigentlich ist das seltsam, denn viele, die sich darüber ärgern, pflegen ihre eigenen vorurteile, wollen aber nicht selbst gegenstand eines solchen werden. heute, und auch in naher zukunft, haben wir alle, jedenfalls die, die es wollen, die chance, dieses bild stück für stück zu zerstören und dazu beizutragen, ein neues, positiveres, aufzubauen. dazu gehört nicht viel. ein lächeln oder eine nette geste kosten kein geld.
heidenau ist nicht in deutschland geblieben, über münchen dieser tage berichten medien aus aller welt. da ein großer teil meiner schwiegerfamilie in den u.s.a. lebt, ist das ein großes thema bei ihnen. heidenau ist für sie unvorstellbar rückständig, und sie bedauern die anständigen menschen, die dort leben und gegen das dumpfe rechtsgesabbel vermutlich wenig ausrichten können. das ist das deutschland, das ihre vorfahren (deutsche staatsbürger, aber eben auch juden) verlassen haben, weil sie angst hatten.
ich weiß, dass die "besorgten bürger" angst haben, und das ist auch verständlich. sehen sie sich doch nicht nur von der "gefahr von außen überrannt", sondern auch noch von ihren deutschen mitbürgern, die nicht ins gleiche horn stoßen, verraten. sich dann so zu äußern, als dürfe man seine "kritische" meinung nicht sagen, ist zwar unverständlich, aber nicht verwunderlich. hetze ist keine meinung, sondern eine demaskierung der vorgegebenen menschlichkeit, die sich nur auf auserwählte gruppen bezieht. auch das ist nicht neu, und auch nicht nur in deutschland.
george santayana wird folgendes zitat in ähnlicher form zugeschrieben: wer aus der geschichte nicht lernt, ist gezwungen, sie zu wiederholen.