Zitat (Geierchen @ 02.09.2015 19:36:41) |
Man kann es drehen und wenden wie man will, man sagt zu den Deutschen Nazi oder Rassist und schon schlägt er die Hacken zusammen und zückt die Geldbörse.... |
ich danke dir sehr für diesen beitrag, zeigt er doch, wie weit verbreitet die stammtischphrasen auch hier, in diesem forum, sind.
deutschland gewährt asyl. das ist teil des deutschen grundgesetzes, ich glaube, artikel 15 oder 16 beschreibt es. das habe ich in den vergangengen wochen recht oft zitieren müssen. wo nun siehst du grundlage zu deiner behauptung, die ich oben zitiert habe? was hat das mit der angeblichen furcht davor, als nazis beschimpft zu werden, zu tun?
es ist eine schande, dass viele länder nicht bereit sind, flüchtlinge aufzunehmen. gemeinsam könnte man den menschen sehr viel besser helfen und die probleme, die es durch ihre ankunft gibt, auf mehrere schultern verteilen.
an schnuffelchen: ich habe es hier mehrfach erwähnt, glaube ich, dass die medien recht gern das präsentieren, was ihnen in die hände spielt. selbstverständlich sind die berichte rar gesät, in denen davon gesprochen wird, dass viele flüchtlinge am liebsten nach england oder dänemark möchten. das bringt keine quoten.
sind die nachrichten schon so rasch vergessen, in denen von flüchtlingen berichtet wird, die nahe calais versuchen, durch den eurotunnel nach folkstone, also england, zu kommen? sie sind bereits in frankreich, da wäre es doch sehr viel einfacher, über land nach deutschland zu kommen. über belgien ist es nur ein katzensprung. wo ist da die logik hinter deiner behauptung?
unheimlich wird mir an den flüchtlingsströmen nur, dass diese menschen so unglaublich viel auf sich genommen haben, um dem schrecken zu entkommen, und wie viel sie durchgemacht haben. all die hassprediger, die "besorgten bürger", die rechten, die neonazis, die ignoranten und misanthropen, die rassisten, die sehen nur zahlen und "fremde, die nicht hierher gehören, die wieder verschwinden sollen".
ich gehöre zu denen, die verzweifelte menschen, oft voller angst und trauer, aber auch mit hoffnung, sehen. jeder flüchtling steht für ein schicksal. hier gab es, wenn ich es nicht übersehen habe, nicht ein einziges wort über die tragödie mit den 71 toten flüchtlingen im abgestellten lkw. wie ich beim einkaufen vernommen habe, war es wohl nicht für jeden schlimm. "71 weniger, die uns was kosten. hält andere hoffentlich davon ab, es auch mit dem lkw zu versuchen." :angry:
wie ekelerregend ich es finde, so über menschen zu sprechen, die voller qualen einen schrecklichen und vermutlich langsamen tod in hoffnungsloser enge gestorben sind, kann ich kaum beschreiben. es waren auch kleine kinder darunter, und selbst das, was normalerweise immer zumindest ein wenig mitleid erzeugt, hat bei dem gespräch, das ich mithörte, niemanden arg bekümmert. ich habe das unerlaubt aufgenommene foto gesehen, das die übereinander liegenden menschen zum teil zeigte, und es ist furchtbar.
ich vermute, dass jeder, der sich über die flüchtlinge und deren gründe zur flucht echauffiert, nicht ein fünkchen vorstellungsvermögen oder auch nur die lust dazu hat, sich vorzustellen, wie es wäre, wenn man selbst in deren lage wäre. man sitzt selbst sicher, warm und satt in deutschland oder anderen "zivilisierten" ländern, mit meistens einer deutschen staatsbürgerschaft, die in vielen lebenssituationen sehr hilfreich und erstrebenswert ist. da ist es leicht, so zu denken. und ich gehe sehr stark davon aus, dass die meisten schon nach wenigen tagen völlig verzweifelt wären und nichts anderes wollen als trinken, essen, medizinische behandlung, schlafen und baden.
wie würde man selbst sich fühlen, wäre man ein flüchtling? und man wird von brandsätzen, hassparolen, steinen und demonstrationen empfangen. das ist alles, was zählt. es ist einfach ein grundpfeiler der menschlichkeit, schutzbedürftigen zu helfen, vor allem als regierung eines demokratischen landes.
im augenblick bin ich emotional sehr zwiegespalten. würde ich das, was in meinem heimatland vor sich geht, auf mich beziehen, was ich niemals tue, würde ich mich einerseits in grund in boden schämen, deutsche zu sein. teil einer bevölkerung zu sein, die menschen, die schutz brauchen, so empfängt und behandelt. auf der anderen seite wäre ich stolz und glücklich, eine regierung zu haben, die etwas tut. es mag teilweise schlecht organisiert, bedacht, geplant und durchgeführt sein, aber es wird etwas getan. ich erwähnte bereits, dass teile meiner in england lebenden schwiegerfamilie sich für ihre regierung zu tode schämt.
mit dem gedanken an "wir halten zusammen, gemeinsam klappt es besser wir schaffen das! würde sehr viel mehr erreicht werden. davon sehe ich leider wenig bei den regierungen und erst recht nicht bei großen teilen der jeweiligen bevölkerungen.
meine beiden älteren kinder sind vier und fünf, beinahe sechs jahre alt. und sie verstehen immer mehr und fragen immer mehr nach. sie verstehen den hass nicht, sie erschrecken sich vor den parolen, die im fernsehen gebrüllt werden. wertigkeit nach hautfarben oder herkunft kennen sie nicht, weil wir sie so nicht erziehen. das bedeutet nicht, dass sie später keine rassisten werden könnten. nicht alle rassisten wurden von ihren eltern zu ihnen gemacht.
in der kindlichen gedankenwelt meiner beiden größeren ist kein platz für menschen, die älter sind als sie, aber dafür umso dümmer. das ist gewiss das denkbar schlechteste zeugnis über geisteshaltung, das man einem menschen ausstellen kann.
im übrigen wundere ich mich immer wieder, wie man negativ darüber denken kann, dass fremde menschen gern nach deutschland wollen. ich halte das für ein wunderbares kompliment, bedeutet es doch, dass sie glauben, hier sicher zu sein und es hier schaffen zu können. mir ist das lieber als die befürchtung, hier vom regen in die traufe zu kommen.
Bearbeitet von seidenloeckchen am 02.09.2015 22:00:39