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ai Forderung zum Weltfrauentag:
Frauenrechte weltweit schützen
Frauen werden täglich Opfer von politischer Haft und "Verschwindenlassen", sexueller Gewalt und Folter / Türkische Menschenrechtlerinnen zu Besuch in Deutschland
Bonn, 8. März 1997- Zum internationalen Frauentag hat amnesty international auf die weltweite Gefährdung der Menschenrechte von Frauen hingewiesen und die Staatengemeinschaft aufgefordert, internationale Abkommen zu ihrem Schutz umgehend zu ratifizieren. Täglich erhält die Menschenrechtsorganisation Nachrichten über Frauen, die Opfer von politischer Haft, sexueller Gewalt, "Verschwindenlassen", Folter oder politischem Mord geworden sind. In Kriegen und Bürgerkriegen werden Frauen immer wieder Opfer von gezielten Vergeltungsmaßnahmen wie Vergewaltigungen und anderen Formen sexuellen Mißbrauchs. Sie werden nicht nur dann verfolgt, wenn sie - beispielsweise als Journalistinnen, Gewerkschafterinnen oder Rechtsanwältinnen - politisch aktiv sind. Häufig werden sie allein deshalb bedroht, inhaftiert, gefoltert oder ermordet, weil sie mit Oppositionellen oder Menschenrechtlern verwandt oder verheiratet sind. Ein Beispiel hierfür ist der Fall der Kurdin Sirin Abi. Als Polizisten der südosttürkischen Stadt Van ihren Ehemann Ferzende Abi auch durch Folter nicht dazu bringen konnten, mit der Anti-Terror-Abteilung der Sicherheitszentrale zu kollaborieren, folterten sie vor seinen Augen seine Frau Sirin: "Sie stellten meine Frau vor mir auf, entkleideten sie völlig, banden ihr die Handgelenke auf dem Rücken zusammen und hängten sie daran auf. Ich mußte dann mitansehen, wie sie sie sexuell belästigten und eklige Sachen machten, die ich nicht zu Papier bringen möchte." Gegen die Folterer sind bis heute keine rechtlichen Schritte eingeleitet worden.
Die beiden 16jährigen türkischen Gymnasiastinnen Sevgi Kaya und Zuhal Sürücü sind im vergangenen Frühjahr während einer Polizeiaktion in Istanbul festgenommen worden. Sie wurden verdächtigt, Mitglieder der illegalen Türkischen Kommunistischen Arbeitspartei/Leninisten (TKEP/L) zu sein. Während ihrer zweiwöchigen Haft im Anti-Terror-Dezernat des Polizeipräsidiums in Istanbul wurden sie immer wieder gefoltert. Sie wurden auf Hände und Fußsohlen geschlagen, mit eiskaltem Wasser bespritzt und anschließend am Fenster eiskalter Luft ausgesetzt, an den Handgelenken aufgehängt und sexuell mißbraucht. Obwohl beide Mädchen nichts "gestanden", wurden sie der Mitgliedschaft in der TKEP/L angeklagt und ins Gefängnis verlegt. Inzwischen sind sie wieder auf freiem Fuß, aber auch in ihrem Fall sind die Foltervorwürfe nicht untersucht worden.
Im Rahmen der ai-Kampagne gegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei befinden sich zum Weltfrauentag die beiden türkischen Menschenrechtlerinnen Meryem Erdal und Eren Keskin in Deutschland. Eren Keskin ist Rechtsanwältin, langjähriges Mitglied des türkischen Menschenrechtsvereins (IHD) und zur Zeit dessen stellvertretende Vorsitzende. 1995 mußte sie allein aufgrund ihrer Äußerungen zu Menschenrechtsverletzungen fünf Monate im Gefängnis verbringen. Auch als Rechtsanwältin, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen vor Gericht verteidigt, ist sie selbst immer wieder Zielscheibe der türkischen Behörden. Meryem Erdal ist ebenfalls Rechtsanwältin. Sie ist sowohl im Menschenrechtsverein von Ankara als auch im Zeitgenössischen Anwaltsverein aktiv. Beide Frauen engagieren sich insbesondere für die Dokumentierung von Fällen, in denen Frauen Opfer von sexuellen Übergriffen oder Vergewaltigung waren, und unterstützen sie dabei, gegen die Täter zu prozessieren.
amnesty international fordert alle Regierungen auf, Berichten über Folterungen oder Mißhandlungen unverzüglich, umfassend und durch unparteiische Gremien nachzugehen. Eine Frau, die geltend macht, in der Haft vergewaltigt worden zu sein, sollte - wenn möglich durch eine Ärztin - sofort medizinisch untersucht werden. Amtsträger, die für derartige Mißhandlungen verantwortlich sind, dazu ermutigen oder sie stillschweigend dulden, müssen vor Gericht gebracht werden. Ebenso sollten Regierungen und bewaffnete Oppositionsgruppen dazu verpflichtet werden, während bewaffneter Auseinandersetzungen die Rechte von Frauen zu achten und Vergewaltigungen ebenso wie andere Formen von Folter, "Verschwindenlassen" und willkürliche Hinrichtungen von Frauen zu unterbinden.
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