Bienchen,
ich weiß, dass Du es nicht bös gemeint hast, und dazu verstehe mer uns ja allzu gut. :wub: :blumen:
Wenn es um Psychosomatik und derzeit angebotene Behandlungsmöglichkeiten geht, reagiere ich etwas empfindlich.
Ich war mal bei einer Therapeutin. Eine sehr nette Frau. Ich erzählte ihr von meinem Leben, meinen Ängsten, meinen Problemen. Jede Frage, die sie an mich stellte, habe ich mir selbst schon einmal gestellt. Die Antworten habe ich dann runtergeleiert wie bei einem Vokabeltest in der Schule. Ihre Analysen wusste ich im voraus.
Mir fiel dann auf, dass sie offensichtlich ein Problem hatte, den Abrechnungskram mit der Krankenkasse hinzukriegen. Ich habe ihr dabei ein bisschen geholfen. Als sie erklärte, dass sie diesen Papierkram hasst und am liebsten sofort in Rente gehen würde, habe ich außerhalb der Therapiestunde mit ihr ein bisschen geplaudert. Da wurde es richtig nett. Mit Mitte Fünfzig hat sie ihre große Liebe kennen gelernt. Ihre Praxis geht zwar gut, aber sie möchte mehr Zeit mit ihrem Freund.
Sie sagte dann: "Frau Daddel, ich bin Verhaltenstherapeutin - bei Ihnen kann ich nicht ansetzen; eigentlich ist doch bei Ihnen alles in Ordnung?" (Familie, Freunde, Berufsleben). "Ich glaube, ein Tiefenpsychologe wäre für Sie das Richtigere". Ich: "Ja, wo kriege ich den her?" Sie: "Schlecht hier in der Gegend, aber in Kassel gibt es da einen mit gutem Ruf, leider müssen sie mit ca. 1 Jahr Wartezeit rechnen, bis Sie einen Termin bekommen".
Bis nach Kassel wollte ich dann auch nicht fahren. Jedenfalls habe ich dann alles, was unter "Psycho" im Ärzteverzeichnis unseres örtlichen Telefonbuchs registriert war, angerufen. Ergebnis: "Wir können Sie auf die Warteliste setzen, etwa in einem dreiviertel Jahr hätten wir evtl. einen Termin für Sie". Oder: "Wir nehmen leider nur Privatpatienten auf". Ich habe mich auf 3 Wartelisten setzen lassen mit dem Versprechen: "Wir rufen Sie dann an". Das war vor fast 3 Jahren. Keiner rief an. So viel zur meiner persönlichen Lage an der Front.
Die während der Kur für mich einmal in der Woche terminmäßig zur Verfügung stehende Psychologin mochte ich nicht so recht. Sie war bei dem Mitpatienten auch eher ein Schreck als ein Segen. Netter waren die Kursleiter für Bewegungssachen, z. B. Aquagymnastik, Nordic-Walking, Bewegungstherapie usw. Die lagen auch lustigerweise immer ein bisschen im Clinch mit den "Psychos" (Psychotherapeuten). Mit der Aqua-Gymnastik-Kursleiterin habe ich mich ganz gut verstanden. Im Vertrauen erzählte sie mir, dass "die doch selber alle einen an der
Waffel haben". Aber ich soll's keinem weiter erzählen.
Ich hoffe, ich verstöre keinen mit meiner Erzählung. Und ich überlege auch, ob ich nicht einen dennoch wichtigen Berufszweig hier gnadenlos heruntermache, weil ich selbst, als ich Hilfe brauchte, diese Erfahrungen machte.
Deshalb: Bitte Nachsicht! Und: Ich glaube, dass es irgendwo auf der Welt doch noch gute Therapeuten gibt! Nur das Finden ist verdammt schwierig.
Viele Grüße, Daddel ;) :blumen:
Edit: Ups Mucki, das war ja jetzt fast Punktlandung mit den Beiträgen, aber passt! ;)
Bearbeitet von Daddel am 08.03.2009 10:23:22