5.08.2006
Meine Pein ist tiefer
Von Mechthild von Magdeburg
Die christlichen Mystikerinnen des Mittelalters stehen am Anfang einer weiblichen Literaturgeschichte. Um 1250, nach zwanzigjähriger strenger Askese als so genannte Begine, begann die Adelstochter Mechthild von Magdeburg (1207/10-1282/83) mit der Niederschrift ihrer Visionen. Für ihre Erfahrungen des "fließenden Lichts der Gottheit" fand sie unterschiedliche Formen: hymnische Gebete, zweizeilige Sinnsprüche oder dialogische Wechselgesänge zwischen einem gottesfürchtigen Ich und dem göttlichen Schöpfer.
Meine Pein ist tiefer
als der Abgrund,
mein Herzeleid ist weiter
als die Welt,
meine Furcht ist größer
als die Berge,
meine Sehnsucht reicht höher
als die Sterne.
In diesen Dingen kann ich
dich nirgends finden.
Im Grunde handelt es sich bei diesen Texten um hymnische Gesänge an einen abwesenden Liebhaber. Alles ist hier ekstatische Konfession: Die Ursache von "Herzeleid" und Schmerz ist stets ein Gott, der sich nicht zeigt. Poesie erscheint hier als unstillbare Sehnsucht nach der sinnlichen Gottesbegegnung.
Meine Pein ist tiefer
Von Mechthild von Magdeburg
Die christlichen Mystikerinnen des Mittelalters stehen am Anfang einer weiblichen Literaturgeschichte. Um 1250, nach zwanzigjähriger strenger Askese als so genannte Begine, begann die Adelstochter Mechthild von Magdeburg (1207/10-1282/83) mit der Niederschrift ihrer Visionen. Für ihre Erfahrungen des "fließenden Lichts der Gottheit" fand sie unterschiedliche Formen: hymnische Gebete, zweizeilige Sinnsprüche oder dialogische Wechselgesänge zwischen einem gottesfürchtigen Ich und dem göttlichen Schöpfer.
Meine Pein ist tiefer
als der Abgrund,
mein Herzeleid ist weiter
als die Welt,
meine Furcht ist größer
als die Berge,
meine Sehnsucht reicht höher
als die Sterne.
In diesen Dingen kann ich
dich nirgends finden.
Im Grunde handelt es sich bei diesen Texten um hymnische Gesänge an einen abwesenden Liebhaber. Alles ist hier ekstatische Konfession: Die Ursache von "Herzeleid" und Schmerz ist stets ein Gott, der sich nicht zeigt. Poesie erscheint hier als unstillbare Sehnsucht nach der sinnlichen Gottesbegegnung.
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