Ich sehe die Trinkgeldgeschichte mit etwas durchwachsenen Gefühlen. Mein Lebensgefährte arbeitet in der Gastronomie, und mein Arbeitgeber betreibt selbst Restaurants; ich habe also auch viele Kellner als Kollegen.
Selbstverständlich sollte jedem Angestellten bewusst sein, dass die Gäste und Kunden diejenigen sind, die ihre monatlichen Gehälter bezahlen. Dementsprechend darf man als Gast natürlich auch Aufmerksamkeit und Freundlichkeit erwarten.
Andererseits sollten die Gäste auch bedenken, dass sie es mit
Menschen zu tun haben, die sie in dem Moment ihres Besuches zwar "bedienen", aber trotzdem Respekt und Freundlichkeit verdienen.
Dienstleistungsberufe sind keine "minderwertigen" Berufe, sondern Berufe wie jeder andere auch. Seien wir doch froh, dass sich Leute dazu bereit erklären, andere zu bedienen.
Ich muss sagen, was man manchmal im Restaurantalltag da so zu hören und zu sehen bekommt, lässt mir teilweise die Zehnägel nach oben schnappen. Da wirft man dem Kellner einen genervten Blick zu, weil er das Gespräch stört; man ignoriert ihn völlig, während er serviert, obwohl da genauso ein "Dankeschön" angebracht ist; man knurrt ihn an, weil es so lange gedauert hat, obwohl er da oft gar nichts dazu kann... und was weiß ich. Man muss den ganzen Tag die Launen derer ertragen, denen vielleicht tagsüber jemand anders die Laune durch genau das gleiche Theater verdorben hat. Ich plädiere da an dieser Stelle einfach mal für mehr Toleranz und Freundlichkeit.
Und was das Trinkgeld betrifft: ich habe eine Kollegin, die sagt, sie gäbe aus Prinzip kein Trinkgeld, für ihren Job bekäme sie schließlich auch keines. Ich finde, das kann man nicht vergleichen, auch wenn da Freundlichkeit z. B. am Telefon genauso gefragt ist. Und doch leistet sie keine Arbeit "direkt am Menschen".
Ich gebe im Dienstleistungssektor - sprich, in den Fällen, wo der Mensch gewissermaßen entsprechend Zeit mit mir verbringt - grundsätzlich Trinkgeld, weil ich großen Respekt davor habe, was diese Menschen täglich erdulden und leisten müssen. Die Höhe des Trinkgeldes richtet sich da eigentlich nach der tatsächlich in mich "investierten" Zeit, das heißt, es fällt bei Friseur- oder Restaurantbesuchen (ca. 10 % - wenn es wirklich super war oder ich beschwippst bin, wirds auch schonmal mehrwertsteuerhoch ;) ) höher aus, als meinetwegen beim Pizzalieferanten oder dem Taxifahrer (ca. 5 %). Abstriche bis gar kein Trinkgeld gibt es natürlich, wenn der Service zu wünschen übrig ließ. Ich muss aber ehrlich sagen, soweit kam es noch nie. Wie es in den Wald hineinruft...? ;) (Nein, ich möchte niemandem, der schonmal schlechte Erfahrungen mit dem Service gemacht hat, Unfreundlichkeit und Arroganz unterstellen, sondern lediglich eine Anregung zum stillen Überdenken des eigenen Verhaltens geben, mit welcher Konsequenz auch immer. *g*)
Ich bin der Meinung, wer sich einen Restaurantbesuch leisten kann, dem dürften die paar Mäuse auch nicht so sehr weh tun. Wer trotz guten Services kein angemessenes Trinkgeld gibt, stellt sich in meinen Augen selbst ein Armutszeugnis aus. Ich möchte noch anmerken, dass ich NICHT zu den wirklichen Gutverdienern Deutschlands zähle. ;)
Wer sich dafür interessiert, findet
hier noch ein paar generelle Tipps zum Trinkgeld.
Knicksende Grüße
Minikeks