Ich war beim Bund und bin sogar Zugführer eines Ausbildungszuges gewesen.
Habe ein Jahr lang 4 Quartale mit je etwa 70 Soldaten bei einem "Ausbildungsteam" von ca 5 Unteroffizieren/Feldwebeln) und nochmal so vielen Mannschaftsdienstgraden) gehabt.
Unter anderem hatte ich auch mit Verweigerern zu tun.
Zuerst einmal sehe ich die Dienstpflicht (Ich nenne sie hier extra nicht Wehrpflicht) als etwas Gutes an.
Ich finde viele bei uns haben das erste mal überhaupt verstanden, was der Staat eigentlich ist und haben sich auch darüber gefreut, das das, was sie da machen von der Bevölkerung im Allgemeinen auch anerkannt wird.
Es gibt heute allerdings eine große Ungerechtigkeit.
Ca 1/3 muss hin, 1/3 verweigert (muss also etwas anderes machen) und ein Drittel geht komplett durch die Lappen (Wird vergessen, 3.Sohn Regel o.ä.).
Auch wenn viele es vermuten, ich habe überhaupt nichts gegen Zivildienstleistende, habe sogar großen Respekt davor.
Um Nyx zu unterstützen: Der Zivildienst ist unter Umständen fordernder. Kenne einen, der ist auf einem Rettungswagen mitgefahren. Soviel Tote, wie der in einem Jahr gesehen hat, sehe ich wahrscheinlich mein Leben lang nicht.
Ich finde, alle sollten ein Jahr einen Dienst übernehmen, aber selber (einfacher) wählen, was sie machen wollen.
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Unabhängig davon ist Dein Sohn bereits erfasst worden, also im "Getriebe" drin.
Er wird also zur Musterung geladen und sollte da auch hingehen.
Evtl wird er da ja schon ausgemustert, evtl stellen die auch irgendwelchen anderen Krankheiten, Wirbelsäulenschiefstellungen oder sonstwas fest.
Ist doch ein kostenloser "Rundumcheck".
Bei der Verweigerung geht es eigentlich darum, den Dienst an der Waffe zu Verweigern, und eigentlich ist das nur ein Nachdruck um zu erzielen, dass man im Drittel landet, welches Zivildienst macht.
Selbst wenn sein Verweigerungsantrag noch nicht durch ist und er eingezogen wird, sollte er auch dort (also zum Bund) hingehen.
Habe Beispielsweise einen gehabt, der hat seine Verweigerung damit begründet, keine Waffe in die Hand nehmen zu wollen. Hat er auch nicht gemacht und sonst an allem teilgenommen. Ist also eingekleidet worden, hat auch Marschieren gelernt usw. Was man halt so in den ersten beiden Wochen macht.
Dann kam sein Antrag durch und er wurde entlassen.
Er hat sich bei uns Ausbildern bedankt, weil er nicht schikaniert wurde oder sonstwas, Er hatte halt alle möglichen Horror-Scenarien im Kopf, die so in den Schulen herumgeistern. Naja, eigentlich wollte er da, glaube ich, auch gar nicht mehr so richtig weg.
Egal.
Hatte einen anderen, der hat die Einberufung in den Müll geworfen und ist
studieren gegangen.
Es ist kein Witz, solche Fälle suchen die Feldjäger (BW-Polizei) und bringen den zum Dienst !! Habe ich selbst erlebt.
Dabei wäre es so einfach gewesen.
Bespielsweise ein Schausteller aus dem Raum Bremen, hat zum 18. ein Karussell und einen Gastrowagen (von seiner Schaustellerfamilie) geschenkt bekommen und war damit dann selbstständig. Der hat das der Bw bei der Musterung erzählt und hat seinen Wehrdienst gesplittet (3x3Monate) abgeleistet, damit er seinen Betrieb weiterführen kann.
Auch das ist Möglich.
Ich rate, genau zu überlegen, was für einen Nutzen einem die Bundeswehr geben könnte. Die Bundeswehr ist auf die Wehrpflichtigen angewiesen, denn nur so bekommt sie "Vernünftigen" Nachwuchs. Denn grundsätzlich wollten die meisten Zeitsoldaten am Anfang auch nicht hin, haben dann aber gemerkt, dass es ja gar nicht so schlimm ist oder sogar Spaß macht. Die Zeit/Berufsoldaten lernen dann neben den militärischen Ausbildungen immer auch einen Zivilberuf.
Dein Sohn sollte sich deshalb überlegen, was er machen will und überlegen, ob ihm dies nicht irgendwo angeboten wird, sei es bei der Bw oder im Zivildienst. So kann er die Zeit nutzen, um schonmal in verschiedene Berufe "hereinzuschnuppern".
Es gibt dort nicht, was es nicht gibt. So ziemlich alle Handwerklichen und viele Kaufmännischen Berufe usw. Ich zum Beispiel war Instandsetzer, mein Bruder hat Gas/Wasser/Sch%§% gelernt und ist danch zum Bund. Jetzt ist er ist Pipelinepionier mit excellenten Berufsaussichten sowohl beim Bund als auch später Zivil.
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Dein Sohn sollte in die Offensive gehen und sich ein Beratungsgespräch bei einem Wehrdienstberater holen. Geht er da mit der Einstellung hin "Ich will meinen Dienst machen, aber selbst bestimmen bzw. wählen was ich mache" (GGF auch verweigern, um Zivildienst zu machen) hat er schonmal eine seehr gute Ausgangsposition.
Übrigens, aus meiner Abiklasse sind fast alle zum Zivildienst gegangen, haben dann die Waffenverweigerung unter fadenscheinigen Gründen vorgeschoben, um der Hierachie zu entgehen und die selbige beim Zivildienst erlebt.
(Das ist nämlich eigentlich das, was die Leute stört. Keiner lässt sich gerne etwas sagen oder sogar befehlen)
Ein Zivi im Krankenhaus ist auch die letzte Wurst, oder meint er, da ist er gleich auf dem normalen Level?
Ich habe mich bewusst für die Bw entschieden, bin weiss Gott kein Killer, aber ich dachte es ist besser, wenn ich an so einer Stelle sitze, als irgendein Psychopat.
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Ich wünsche Deinem Sohn ein gutes Händchen bei der Wahl.
Würde mich freuen, wenn ich Dir und damit ihm geholfen habe.
Bearbeitet von Jaxon am 01.03.2006 15:39:18