Und heute? Schon wieder..........
Wirsing.......
Im Laden schautest du mich an. Du. Feucht. Glänzend, wie der junge Morgen. Du schriest...... Hilfe, Hilfe, nimm mich mit. Doch ich ging an dir vorbei. Aber nicht achtlos, denn du hattest mich mit deinem Anblick fasziniert. Knackig. Grün. Frisch, wie ein Mädchen mit langen, blonden Haaren im Sommerwind. Noch schnell Milch einpacken. Ein Pfund Gehacktes. Und dann........ zurück zu dir. Ich nehme dich beinahe zärtlich in die Hand. Du bist nicht feucht, du bist nass. Oh, so liebe ich dich. Ich fahre sanft zwischen deine Blätter. Oh, soviel Kraft. Ich kann nicht anders. Ja, ich bin dir hörig, ich MUSS dich haben.
Den ganzen Tag freue ich mich auf dich. Allein mit dir. Ich will dich schön machen, noch schöner, als du bist. Aromatisch. Zart, aber nicht weich. Ja, meine Vorfreude überdeckt den Alltagsstress. Hoffentlich ist es bald Abend. Dann zeige ich dir meine Küche. Den schönsten Ort in meiner Wohnung.
Es ist soweit. Ich brauche nicht zu überlegen, was ich mit dir anstelle. Im hellen Licht meiner Küchenscheinwerfer bist du noch schöner als ich gedacht habe. Oh, eine frische Schnittstelle. Bist du maso? Du blutest ja noch. Nein, nicht rot. Klar, frisch glänzend. Ich dusche dich erstmal. Kalt, so, wie du es magst. Wie frischer Herbstregen. Den magst du ja so.
Für dich brauche ich Creme. Tierisches Fett, ja. Ein bisschen Schweinefett, geräuchert, weil es dir eine aromatische Nuance gibt. Eine kleine Freundin von dir dazu. Du schaust erschrocken. Ja, die Zwiebel muss in kleinen Stücken für dich herhalten. Du schaust weg, denn die Zwiebelstücke winden sich im heißen Schweinefett. Das im
TopfGanz sanft löse ich deine festen, tiefgrünen Blätter, in die du dich gekleidet hast. Es tut ein bisschen weh, doch du brauchst das. Mein Freund, das Messer teilt deine Kleider nun in feine Streifen. Du wirst blaß, fast gelb. Angst. Keine Angst, es tut nicht weh, denn du bist ein Gemüse. Mein Gemüse. Und ich mache aus dir das Wunderbarste, was aus dir werden kann.
Ich liebe dich. Und darum wasche ich zärtlich den letzten Schmutz des Gärtners von dir ab.
Ein kurzer Hieb mit dem scharfen Messer. Hat es weh getan? Du lächelst. Zweigeteilt. Es hat nicht weh getan. Noch einmal zwei kräftige Hiebe. Nun habe ich dich in vier Teile zerlegt. Du nimmst es hin. Ja, du opferst dich für mich. Nun, ich schneide aus deinem Körper feine Streifen. Du bist ganz erwartungsvoll. Du weißt, ich meine es gut mit dir. Und mit mir. Wir sind dazu geschaffen, eins zu werden.
Deine Kleidung, deine Streifen, alles, kommt in den Topf, in dem Zwiebel und Speck schmurgeln. Du räkelst dich wohlig. Es ist heiß. Du fängst an zu riechen. Nein nicht nach Schweiß, sondern nach den Aromen deines wunderbaren Körpers. Ich parfümiere dich. Mit Pfeffer, denn den magst du ganz besonders. Mit Majoran, der unterstreicht dein nahezu zärtlich-herbes Aroma. Du willst nicht verbrennen, denn es wird immer heißer. Ein Badewasser aus Fleischaromen umfließt deine wunderbare Gestalt. Du bist hart im Nehmen. Okay. Ich verstehe. Du willst es ganz. Ganz in deinem eigenen Aroma versinken. Also schließe ich den Topf. Deckel drauf. Es wird dunkel. So magst du es nun.
Ich brate vorsichtig Mehl in einer Pfanne an, denn es cremt deine Zärtlichkeit. Heiß zischend kommt das in Fett gebratene Mehl über dich. Oh, wie du duftest. So lecker, so zart, so........ ich kann es kaum beschreiben. Meine Gefühle für dich gehen durch.
Ich probiere dich. Ohhhhhhhh, so knackig, so angenehm...... dein Aroma lässt mich von dir träumen. Ich will mehr.... ich will alles. Du bist wahrhaftig ein Meisterstück.
Zusammen mit den Kartoffeln, die fast so sanft ihr holdes Aroma an meine ewig leckende Zunge abgeben, ist aus dir ein Festmahl geworden, mein lieber Wirsingkohl.
Ich liebe dich.
Gruß
Abraxas