Die Urkunden sind klasse: sowohl von Wurst :lol: , als auch von Dir! :blumen:
Aber ich wollte ja (bzw. batest Du mich drum) die Geschichte von der Mittagsfrau kurz erzählen; einen Link zu dieser sorbischen Sagengestalt hatte ich Dir ja schon geschickt. :)
Es ist sehr lange her, daß meine Mutter mir die Geschichte erzählte, ich war noch ziemlich klein, so 10 Jahre alt oder so, und so habe ich sie mir nicht wörtlich, sondern nurmehr sinngemäß gemerkt:
Einst hatte eine junge Frau beim Jäten in ihren Kartoffelreihen so verspätet, daß sie, nicht auf den Stand der Sonne achtend, die Mittagsglocke im Dorf läuten hörte .
'Oh je', dachte sie, zutiefst erschrocken, 'schon Mittag!' als in dem Augenblick ein langer Schatten über sie fiel.
Entsetzt fuhr sie herum: da sah sie die hagere, große Gestalt der Mittagsfrau hochaufgerichtet vor sich stehen: die Kiepe auf dem Rücken und in der schwarzbehaarten Hand die todbringende Sichel.
Zitternd stand die junge Frau da, unfähig, sich zu rühren: der Blick der der Mittagsfrau hatte sie gebannt.
"Mädchen, hörst du die Glocke nicht?", dröhnte die Stimme der Mittagsfrau drohend.
"Du weißt, was es bedeutet, wenn du in der Mittagszeit noch arbeitest?"
Die Mittagsfrau hob die Sichel, deren Schneide in der Sonne blitzte.
"Habt Erbarmen," flehte die junge Frau, "ich wollte doch noch fertig werden, hab zu Hause hungrige Kinder, denen die Kartoffeln frommen mögen!"
Die Mittagsfrau ließ die Sichel sinken, gleichzeitig spürte die junge Frau den Boden unter den Füßen wieder, hörte den letzten, verhallenden Schlag der Mittagsglocke.
Die Mittagsfrau sagte: "Für dieses Mal magst du davonkomen, Mädchen. Aber ich sage dir: hättest du nicht gehabt den Dorant und den Dost, hättest du die Kartoffeln nicht gekost'!"
Die junge Frau rannte, jagenden Herzens, den Feldweg zum Dorf und ihrem Haus.
Sie hatte sich in in weiser Voraussicht die schützenden Abwehrkräuter unter die Schürze gesteckt, so war sie für dieses Mal vor der Mittagsfrau gefeit.
Trotzdem begann sie ihre Arbeit nun morgens auf dem Feld rechtzeitig, um vor dem Mittagsläuten zu Hause zu sein.
Sie wußte nämlich nicht, ob die schützenden Kräuter ihr ein zweites Mal helfen würden.
Der jungen Frau begegnete die Mittagsfrau nie wieder.
Soweit die Geschichte.
Sie hat mich immer sehr fasziniert: über Einzelheiten wie die schützenden Kräuter und wo sie wachsen, warum man am Mittag ruhen und nicht arbeiten soll und warum die Mittagsfrau trotz der Sichel (was diese ist, wußte ich) doch eher als Schutz-, denn als böser Geist gilt, fragte ich meine Mutter ewig Löcher in den Bauch. ^_^
Dorant und
Dost seien mit diesen Links erklärt.
Die Mittagsfrau wurde wohl gefürchtet, gilt aber nicht generell als rein böser Geist: in vielen Sagen und Legenden taucht sie auch als Helferin der Armen in den Dörfern auf; die Geschichten variieren in der sorbischen Gegend.
Ich habe für mich immer gelaubt, daß die Mittagsfrau die mittägliche Ruhezeit für Mensch und Vieh schützt (als diese Sagen entstanden, ackerte man noch mit Pferden oder Ochsen und hatte man die nicht, machte man alles ohne Traktor von Hand selbst). So erklärte mir das auch meine Mutter.
So, wie manche Kinder heute drauf sind, sollte diese Geschichte vielleicht nicht mehr
wörtlich so erzählt werden (wir konnten eben früher mehr ab ;) und hörten als kleine Kinder auch noch noch den richtigen Struwwelpeter und die Märchen im Original:) , so war uns nichts zu horribel).
Man kann sie abwandeln und abschwächen, etwas umschreiben.
Trotzdem sollte es bei der Kernaussage bleiben, und man kann einzelne Dinge gut erklären.
Meiner Tochter erzählte ich diese Geschichte genauso wie aufgeschrieben, als wir mal mit dem Rad an einem Kartoffelacker vorbeifuhren und Pause machten, wo sie die Kartoffelblüten bewunderte und ich ihr zeigte, mit den Fingern die Erde ein wenig aufbuddelnd, wo und wie diese wachsen. Da war die Kleine 8 Jahre alt und sehr verständig. :)
Sie hat wegen der Mittagsfrau und wegen der Geschichte nie Alpträume gehabt.