Zitat (rissig @ 04.03.2009 12:13:29) |
ich danke für dieses grandiose beispiel unserer hier vorherrschenden einstellung: täterschutz geht vor opferschutz. ich stelle mir bei der lektüre solcher beiträge immer vor, wie manche leute argumentierten, wenn sie bzw. ihre eigenen kinder betroffen wären... |
Das stimmt doch gar nicht...
Niemand, der sich hier gegen Lynchjustiz, "Hexenjagd" und dergleichen äußert, steht doch ernsthaft auf der Seite des Täters...
Ich sehe das so: In dem Moment, wo ich selbst, aus welchen Gründen auch immer, über das Leben eines Menschen richte, sei es im Rahmen von Selbstjustiz oder "Im Namen des Volkes" bei der Todesstrafe, stelle ich mich genau auf die Ebene des Mörders oder Vergewaltigers, der ebenfalls aus niederträchtigen Gründen über das Leben eines Unschuldigen entschieden hat.
Tante Edit möchte natürlich an dieser Stelle Notwehr, Affekt etc ausschließen. Nicht umsonst kennt unsere Justiz nicht nur heimtückischen Mord...
Warum bin ich, nur weil ich das Gesetz auf meiner Seite habe, automatisch moralisch weniger verwerflich, wenn ich jemanden öffentlich anprangere oder per Todesstrafe umbringe....
Der Täter ist krank und hat ein Moralverständnis jenseits von gut und böse. Um genauer zu sein...er krepelt auf der Kohlbergschen Moralentwicklung ganz weit unten rum.
Und ich persönlich möchte nicht in einer Gesellschaft bzw. in einem Land leben, dessen Justizverständnis ebenfalls auf der Ebene des Täters stehengeblieben ist...
Niemand, der sich gegen die Veröffentlichung stellt, wird ernsthaft leugnen können, daß wir mit Sexualstraftätern ein riesen Problem haben und die Justiz lieber heute als morgen handeln muss.
Wir haben Gesetzeslücken, die dafür sorgen, daß Intensivstraftäter jederzeit wieder zur Gefahr werden können, deswegen sollte schleunigst eine nachträgliche Sicherungsverwahrung eingeführt werden.
Aber ich halte mich für einen moralischen, aufgeklärten und vernünftigen Menschen und genau deswegen habe ich für solche Maßnahmen sowie für Lynchjustiz oder Todesstrafe überhaupt kein Verständnis...eben weil ich jederzeit moralisch höher stehe, als die Täter. Dennoch bleiben diese Täter Menschen mit Personenstatus und ich bin froh, daß ich in einem Land lebe, wo es niemals möglich ist, jemanden diesen Status abzuerkennen...Denn das heißt, daß wir uns doch über ein archaisches Verständnis vom Menschen weiter entwickelt haben...
Und das hat nichts damit zu tun, daß man die Opfer und ihre Verzweiflung nicht ernst nimmt...
Und mich macht es ebenfalls wütend, wenn ich mir die Gesetzeslage anschaue, daß die Justiz zum Teil zwar handeln will, aber nicht kann...Und das muß geändert werden...Das tun wir aber nicht, wenn wir wie der pöbelnde Mop mit Mistgabeln die Täter durch die Gassen hetzen...(sinnbildlich gesprochen natürlich...)
Wie gesagt, daß hat nichts damit zu tun, daß Täterschutz vor Opferschutz geht...Ich kann nur für mich reden, aber ich möchte in all meinem Handeln und tun und in all meinen Gedanken und Vorstellungen niemals auf der Ebene eines solchen Täters landen...denn ich kann genauso wenig über ein Leben richten, wie andere auch...Und wenn ein Sexualstraftäter oder Mörder dies tut, dann gehört er bestaft und es muß dafür gesorgt werden, daß von ihm keine Gefahr mehr ausgeht...Aber bitte so, daß die verantwortlichen Institutionen zu jederzeit moralisch reifer und vernünftiger handeln als der Täter und niemals auf seine Ebene abrutschen...
Denn wer möchte ernsthaft in einer Gesellschaft leben, die genauso widerwärtig ist, wie die Täter...Ich nicht!
Bearbeitet von Mellly am 04.03.2009 12:44:53