Sachverständigenvergütung: sooooo viel?

Freund von Tochter fuhr letztes Jahr mitten in der Nacht in einer dunklen Einfahrt angeblich ein anderes

Strafbefehl rund 1000 Euro und 3 Monate Führerscheinentzug. Sein Anwalt legte Widerspruch ein. Ein Gutachter stellte fest, dass eine Berührung der beiden Autos stattfand (an seinem Fiesta sehen wir nichts, am gegnerischen Auto entstand angeblich ein Schaden von rund 1000 Euro). Deshalb riet der Anwalt, nicht vor Gericht zu gehen, Verhandlung wurde kurzfristig abgesagt.

Heute brachte Tochters Freund die Kostenaufstellung von der Staatsanwaltschaft mit, zahlbar innerhalb 2 Wochen: Er muss neben seinen 1000 Euro aus dem Strafbefehl noch 1406,70 Euro Sachverständigenvergütung zahlen schockiert.gif im ganzen also knapp 2500 Euro. Sooooo viel cry_1.gif

Soll er wortlos zahlen, bei der Staatsanwaltschaft nach den Rechnungen fragen oder seinem Anwalt in den A***h treten (zu letzterem hätte er am meisten Lust ph34r.gif )?
Sissy, da kann ich Dir wenig Hoffnung machen. In der Tat sind oft für Gutachten, die vom Gericht in Auftrag gegeben werden, solche Vergütungen erforderlich, das ist ist nichts Seltenes. Da kann im übrigen der Rechtsanwalt nichts dafür, sondern nur der entsprechende Sachverständige, der halt so teuer ist, und das Gericht, das eben diesen Gutachter beauftragt.
Letztlich darf man aber eines nicht vergessen: der junge Mann hat den Unfall ja nun verursacht, das hat sich ja wohl durch den Gutachten gezeigt und damit auch beweisen lassen. Gerade im doch eher kleinpreisigen Schadenfall (und dazu gehört so ein Fall mit Reparaturkosten von ca. 1000 €), sind die Koste oft am Ende höher als der Nutzen: Besser wäre gewesen, die eigene Versicherung das prüfen zu lassen, die hätten es nämlich auf ihre Kosten gemacht - wenn sie einen Sinn darin gesehen hätte.
Last but not least: hätte er es von Anfang an gesagt, daß er "es nicht ausschießen könnte", dann wäre er sicher mit deutlich geringerer Strafe davongekommen - und die Versicherung hätte den gegnerischen Schaden gezahlt.
Ach ja: dieser Fall ist eine großartige Werbung für das Abschließen einer (Verkehrs)Rechtsschutz - die hätte diese Gutachterkosten nämlich ggf. übernommen.

Bearbeitet von Naseweis03 am 15.08.2010 18:43:38
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Auch wenn das Thema schon älter ist, wegen der Sachverständigenvergütung ist es ja allgemein interessant.

Vor dem 1.7.2004 galt für die Kosten des Sachverständigen das ZSEG (Zeugen und Sachverständigen Entschädigungsgesetz) Dort war für den gerichtlich bestellten Sachverständigen eine "Entschädigung von durchschnittlich 38,50€ zugesprochen. Das reichte beiweitem nicht aus. Daher trat am 1.7.2004 das neue JVEG (Justiz Vergütungs- und Entschädigungsgesetz) in Kraft.

Neben der Zeugenentschädigung wird hier erstmals von der Sachverständigenvergütung gesprochen.
Dabei gilt zu beachten, das gerichtlich bestellte Sachverständige zumeist selbstständig sind und auch eine große Verantwortung tragen. Auch müssen öbuv. Sachverständige (Öffentlich bestellt und vereidigt) sich ständig mit Seminare auf Ihrem Fachgebiet weiterbilden und ständig auf dem aktuellen Stand der Technik sein.
> Niemand würde zu einem Arzt gehen, der vor 30 Jahren seine Zulassung bekommen hat und danach keine Fachzeitschrift mehr gelesen (etc.) hat. <

Im JVEG sind also auch die Stunden berücksichtigt, die nicht unmittelbar mit dem jeweiligen Gutachtenauftrag abzurechnen sind.

In der Stundenabrechnung erfasst sind
- Studium der Gerichtsakten incl. der Beiakten
- Prüfung der Zuständigkeit des SV und des eingezahlten Kostenvorschusses
- Durchführung Ortstermin incl. Einladungsschreiben und OT-protokoll
- Untersucheungen, Vermessungen, Laborversuche
- Reisezeit incl. Wartezeit (Auch STAU)
- Ausarbeitung, Diktat und Durchsicht des Gutachtens
- Vorbereitungszeit für Gerichtstermin zur mündlichen Erläuterung und Wahrnehmung des GT

Nicht erfasst sind:
- Aufstellung der Rechnung des SV
- Zeit für das "Tippen" des Gutachtens
- Umwege während der Reisezeit
- Übernachtungszeit und Mittagspausen
- Stellungnahmen zur Ablehnung einer Partei
- Studium der einschlägigen Fachlitaratur
- etc.

Die Honoare sind in 10 Gruppen unterteilt:
1.) 50,-€ für Musikinstrumente / Vermessungstechnil
2.) 55,-€ für Briefmarken etc.
3.) 60,-€ für Schmuck, GALA-Bau, Hausrat, etc.
4.) 65,-€ für Heizung, TV, Tiefbau, etc.
5.) 70,-€ für Abbruch, Brandschutz, Fliesen, Mieten, etc.
6.) 75,-€ für Abrechnung Hochbau, Kfz, Schäden an Gebäuden, etc.
7.) 80,-€ für Architekten und Ingenieure
8.) 85,-€ für Datenverarbeitung
9.) 90,-€ für Betriebsunterbrechungs- und verlagerungsschäden
10.) 95,-€ für Unternehmensbewertung

Dieses sind Nettohonorare zuzüglich MwSt für den gerichtlich bestellten Sachverständigen !!!
Dabei kommen noch weitere Gebühren für Seiten, Kopien, Fotos etc, zum tragen.

Im privaten Auftrag sind die Vereinbarungen von Stundensätzen frei gestaltet und werden individuell vereinbart. Können also durchaus höher liegen.

Wichtig ist mir an dieser Stelle nochmals darauf hinzuweisen, das es wichtige Unterschiede zwischen den Sachverständigen gibt:

"Der Sachverständige" ist nicht gesetzlich geschützt und im Prinzip darf sich jeder so nennen der glaubt über ein gutes Wissen zu einem Thema zu haben.

"Der anerkannte Sachverständige" ist nicht gesetzlich geschützt und so darf sich jeder Sachverständige nennen, der einmal ein Gutachten für eine Versicherung gemacht hat und diese daraufhin gezahlt hat.

"Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige / öbuv. SV)" ist der einzige Sachverständige der einen Nachweis über seine besonderen und extrem hohen Fähigkeiten erbringen muß und darin auch geprüft wurde. Er wird für sein Fachgebiet vereidigt und muß auch den Nachweis über seine ständige Weiterbildung erbringen.
In einem gerichtlichen Prozeß unterstützt er den Richter in fachlichen Fragen und ist sozusagen das Auge des Gerichts.


Sorry, wieder mal sehr ausführlich.
Aber ich hoffe damit wird deutlich, warum der Stundensatz so hoch sein muß

Master of Stone
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Zitat (Master_of_Stone, 13.06.2011)
Aber ich hoffe damit wird deutlich, warum der Stundensatz so hoch sein muß

einige Berufsgruppen haben es geschafft, eine Gebührenordnung durchzusetzen, die ein sorgenfreies Leben ermöglicht ........
z.B. Juristen !
Am Wochenende war eine Reportage über Insolvenzen in 3SAT
von 184000 erwirtschafteten Euronen, gingen 60000 an den Insolvenzverwalter !!
wer kann erklären, warum die Vergütung so hoch sein muß .....
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Weil er ein ziemliches Risiko eingeht.

Geht das Insolvenzverfahren den Bach runter, also das Unternehmen konkurs, dann bekommt er fast nix für möglicherweise mehrere Jahre Arbeit.

Das Mindesthonorar beträgt laut dieser Quelle hier 1000 Euro plus Auslagenerstattung + Umsatzsteuer

Und hier beschreibt mal ein Insolvenzverwalter seine "Karriere" Insolvenzverwalterkarriere

Es ist also nicht so, dass sie immer so viel bekommen.

Und es hängt eine Menge Verantwortung beim Ausüben des Sachverständigenjobs wie auch bei Insolvenzverwalterjobs dran. Schließlich geht es in den meisten Fällen um Arbeitsplätze.


Gruß

Highlander
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