Zum Thema "Schlachtenlernen" oder zumindest Zuguckenkönnen und Hilfsdienste verrichten kann ich hier gut einen Beitrag zusteuern, denke ich.
Selbst ein Kind mit sehr weicher Seele, führte mich meine ausgeprägte Pferdeleidenschaft (genau wie sie manche heutige Teenischwärmerei auf Reiterhöfe führt) mit Beginn meines 10. Lebensjahres auf den örtlichen Schlachthof - genauer gesagt in eine private Roßschlächterei mit großem Hof und Stall.
Damals mußte man sehen, wo man vor der Haustür noch ein paar Leute fand, die Pferde hielten und Buernwirtschaft betrieben, mit Reiterhöfen und Reitsportsektionen war es damals mehr als eng in unserem Land, und so nahm man die Gelegenheit, die am nächsten lag, wahr.
Zunächst ein großer Stall voller Pferde verschiedenster Herkunft und Zustand, die zwar alle einem Ziel entgegendämmerten, dabei jedoch versorgt und gepflegt werden wollten:
Meine Aufgabe, die ich begeistert wahrnahm.
Ich wußte wohl genau, was dort abging, sah aber zu, dem Schlachthaus möglichst lange fernzubleiben und lernte stattdessen Reiten (manche der Kandidaten waren noch gut beinig, ausgebildet und hatten noch so lange zu stehen, daß ihnen langweilig war) und einen Wagen zu kutschieren (schließlich muß Futter vom Acker heran und Heu aus der entfernt liegenden Scheune, Hafer muß aus der Mühle geholt, die Mistkiete leergefahren werden.
Das war die schöne Seite, derzuliebe ich meine gesamte
Freizeit opferte, 7 Jahre lang: und dabei auch mehr als jeder heutige Hufeisenprüfling über Pflege, Versorgung, Krankheiten und alles Drumherum lernte.
Irgndwann wurde mein unausgesetztes Dasein und Hilfe in Hof und Stall auch mal für das Schlachthaus erfragt, der Schlächter war ja - sozusagen - mein Stallchef.
Ich wollte nicht so recht... da war ich 11.
Der Mann nahm sich viel Zeit, erklärte mir alles genau, scheute keine einzige Frage und meckerte mich auch nicht voll, als ich (total mädchenhaft ;) ) heulte und sagte, die Pferde täten mir leid... Gulaschschneiden könnte ich ja, aber das sei
Fleisch, auch, wenn ich wisse, von wem...
Irgendwann erlebte ich in der Zeit meine erste Schlachtung dort, weil ich sie erleben wollte und sehen, wie es genau vor sich geht. Das Pferd mußte ich selbst hereinführen: widerstandslos und absolut willig marschierte es (zu meinem Entsetzen) in diese durchdringend riechende Bluthölle und schied ohne Streß von dieser Welt: dem Bolzenschußgerät, klug angesetzt, sei Dank.
Ausbluten, hochziehen, aufbrechen... das Prozedere eben.
Es war sauhart, dabei zuzusehen, von lauter Männern beobachtet, man durfte nicht "abbauen" oder sagen, es sei zuviel. Auch später ließ mich das nicht ganz kalt, aber man lernt, die Emotionen im Griff zu behalten, ruhig zu bleiben.
Immerhin wurde da gerade mein Lieblingstier ausgeweidet, geteilt und entbeint...
... das ist nicht ohne für ein sensibles, mitfühlendes Kind.
Fragt mich heute jemand (mit halbem Grusel im Herzen), wie ich das ausgehalten hätte, ist die Antwort leicht: die oft zeitlebens von ihren sogenannten "Liebhabern" geschundene Kreatur fand bei uns ein friedliches, stressfreies Ende.
Sie alle wußten, was auf sie zukam und kaum einer wehrte sich wirklich, ob ein mutwillig von seinem Reiter ins Hindernis gerittener Springer oder das halbverhungerte, ständig geschlagene und deshalb bösartige Wagenpferd.
Manche von denen bekamen im Schlachtestall eine ihrer ersten, vernünftigen Mahlzeiten, wurden geputzt und ausgemistet. Sowas kannten die armen Tiere oft gar nicht.
Oder das "Spielzeug"pony, was den Kindern langweilig geworden und deren lieben Eltern zu arbeitsintensiv geworden war... der putzige Esel, der sich als zu laut und zu störrisch erwies...
100 Beispiele könnte ich aufzählen, wie oft der Tod gnädiger war als das Dasein.
Sie alle landeten bei uns. Krank, alt, vergessen.
Ich lernte beim Schlachtenhelfen eine Menge über Anatomie, Krankheitslehre am Tier und ähnliches. Was wozu führt und so.
Nie, aber auch niemals hätte und habe ich je ein Stück Pferdefleisch angerührt, wie oft ich bei der schweren Arbeit auch Hunger bekam. Oft wurde es mir angeboten: das Restaurant war direkt nebenan.
Da holte ich mir lieber die
Kartoffeln aus dem Dämpfer für die Schweine...