Eigentlich war Freitag, der 23. April 2004 ein ganz normaler Tag.
Ich war seit einigen Monaten Arbeits- aber nicht Mutlos. Mit meinen 50 Jahren auf dem Buckel machte ich mir keine Illusionen, denn der Arbeitsmarkt will junge, dynamische Leute mit langjähriger Berufserfahrung. Ich bin für die Berufswelt nicht mehr jung genug.
Aber das Leben hat noch mehr zu bieten als nur die Arbeit. :unsure:
Meinen Tag verbrachte ich überwiegend zu Hause. Ein wenig lesen und meinen Kater beschäftigen. Ich hatte in der Nacht ziemlich schlecht geschlafen, immer wieder wurde ich von Schmerzen geweckt. Ich schlafe gerne auf der Seite, ob links oder rechts das ist nicht so wichtig. Nur in dieser Nacht war das Schlafen auf der linken Seite fast unmöglich. Die Rippen taten mir ganz schön weh. Komische Sache, wer weiß was das wieder für ein Zipperlein ist, so beruhigte ich mich erst mal.
Heute stand ein Tierarztbesuch auf dem Programm, mein Katerchen hat einen entzündeten Zahn. Mal hören was der Tierarzt dazu sagt.
Der Zahn wird gezogen. Am 26. April war seingroßer Auftritt, der arme Kater. So verbrachten wir ein ganz ruhiges Wochenende.
Nur der Schmerz auf der linken Seite machten mir zu schaffen. Ich fragte meine Freundin, ob sie eine Idee hat was das sein könnte. Sie meinte, es wäre vielleicht eine Rippenfellentzündung. Mein Kommentar, bloß das nicht.
Der Montag kam, der Zahn war gezogen und nun hatte ich einen kleinen Pflegefall im Haus. Fast 48 Stunden musste ich mich um ihn kümmern, es ging ihm überhaupt nicht gut.
Aber am Mittwoch war ich dran. Der Schmerz war schlimmer geworden, jetzt bemerkte ich ihn auch beim Atmen. Ich ging zum Hausarzt. Leider ist am Mittwoch nur die Vertretung in der Praxis. Die junge Ärztin meinte ich hätte zu viel Luft im Bauch und Sab-Symplex aus der Apotheke würde mir helfen. Froh, das es keine Rippenfellentzündung war, ging ich dann zur Apotheke und schnell nach Hause. Ich nahm brav die Tropfen ein. :rolleyes:
Aber der Schmerz hielt sich hartnäckig.
Am Donnerstag ( 29. April) ging ich dann wieder in die Praxis. Ich war froh meine Hausärztin zu sehen. Sie untersuchte mich, hörte sich meinen Bericht an und schrieb mir nicht nur eine Überweisung, sie rief auch im Röntgeninstitut an und machte einen Termin. Das fand ich etwas Ungewöhnlich.
Der Termin war für den nächsten Tag um 8.00 geplant. Im Institut wurde der Torax durchleuchtet und eine Sonographie gemach. Die Sono zeigte das im linken Oberbauch eine Verdickung war,die dort nicht hin gehörte. So wurde ich zum CT eine Etage tiefer geschickt, mit der Bitte um sofortige Untersuchung. Dann ging alles ganz schnell. Ausziehen, hinlegen, eine Kanüle in die Armvene für ein Kontrastmittel CT und dann in die "Röhre". Und das passiert mir, dem größten Angsthasen der Stadt.
Danach rief mich der Arzt zu sich ins Sprechzimmer. Er sagte mir das ich ein Notfall bin und sofort ins Krankenhaus gehöre. Ich hätte einen 16 cm großen Tumor im Bauch und der müsse dringend entfernt werden. Aber was das genau ist, konnte er mir auch nicht sagen. Ich war ziemlich Sprachlos.
Nun war es ja schon Freitag und ich dachte nicht daran vor Montag in die Klinik zu gehen. Meine Ärztin sagte mir ich dürfe nichts Essen und nur wenig Trinken. Sie ging davon aus, das der Tumor an der Bauchspeicheldrüse gewachsen war. Und womöglich auch noch platzen könnte. Aber auf Nahrung zu verzichten schreckte mich nicht.
Ich bin glücklicher Single und hatte vor meinem Weg ins Krankenhaus noch einiges zu erledigen. Da die Ärzte meine Situation nicht gerade günstig einschätzten, wusste ich ja nicht ob und wann ich wieder nach Hause kommen würde. :(
Schließlich braucht der Kater eine fütternde Hand und die musste ich jetzt finden. Einen Dank an die liebe Nachbarin. Nach einigen Tagen stellte sich heraus das sie eine Katzenallergie hat. Aber sie hielt tapfer durch.
Am Montag, (3.Mai) rief ich meine Freundin Ulrike an, wir fuhr dann gemeinsam in die Klinik. Zuvor hatte mir die Ärztin noch gesagt das meine Blutwerte in Ordnung waren. Also konnte die Sache doch gar nicht so schlimm sein.
Dort angekommen machte ich gleich die Erfahrung das es für Angsthasen sehr gut ist, wenn die beste Freundin einem das Händchen hält.
Bevor mich der Pfleger auf die Station brachte, wurde ich erstmal zur Ader gelassen. Großes Blutbild, das heißt mindestens für 8 kleine Fläschchen die Vene herhalten. Ich hasse Spritzen und alles was in die Haut gestochen wird. Und das der Arzt immer auf die schmerzende Stelle drückte fand ich auch nicht lustig.
Auf der Station lernte ich die Psychologin kennen. Sie kam im richtigen Moment, denn ich war nicht gerade in bester Verfassung. Ich lag heulend in meinem Bett, als sich eine junge Frau über mich beugte und fragte ob ich Interesse an Psychologischer Betreuung hätte.
Ja und nochmals ja, denn ich bin kein Mensch der Hilfe ablehnt. Ich habe mich selten so gut aufgehoben gefühlt. Mit ihr konnte ich über wirklich alles reden. Über die Angst vor den Untersuchungen, ganz besonders vor der Punktion und später dann vor der OP. Sie hat mich täglich besucht und mir einige Minuten vor der OP ein kleines Glas-Herz mit blauen Streifen in die Hand gedrückt, um mir damit zu zeigen das ich nicht allein bin. Es ging bei unseren Gesprächen nicht immer nur um trauriges. Wir haben auch oft so herzhaft gelacht, das mir davon Tränen in den Augen standen.
Übrigens hat das Glas-Herz heute einen ganz besonderen Platz in meiner Wohnung und in meinem Leben. Denn wenn ich wieder zu einer Untersuchung muss, und das kommt nicht gerade selten vor, dann nehme ich es mit. Es gibt mir das Gefühl, nicht alleine zu sein.
Ohne Frau Funke wäre ich bestimmt nicht bist zur OP im Krankenhaus geblieben. Danke, für die liebevolle Unterstützung.
Am Dienstag gingen dann die Untersuchungen weiter. Noch mal ein Kontrastmittel CT, das heißt, eine Kanüle wird in die Armvene gelegt und wenn man in der Röhre liegt, wird ein Kontrastmittel in den Körper gespritzt. Es wird einem ganz heiß und ich hatte das Gefühl das ich jetzt gleich hier auf den Tisch piseln muss. Später habe ich von anderen Patienten gehört das es ihnen auch so ging. Dann gab es noch einmal eine Sono und zum Abschluss eine Magenspiegelung.
Das war's dann, man schob mich in mein Zimmer und die Ärzte warteten auf die Ergebnisse, eine ganze Woche lang.
Am Montag, (10. Mai) wollte man den Tumor punktieren. Das wurde auch in der "Röhre" gemacht. Viele Ärzte, viel Angst und keine Narkose.
Ich musste mich auf das schmale Bettchen der "Röhre" legen, dann wurde ein CT gemacht und ich durfte mich nicht mehr bewegen. Die Untersuchung lief folgendermaßen ab: flach einatmen, eine Spritze wird senkrecht in den Tumor gestochen und ein wenig Schmerzmittel wird gespritzt, dann etwas tiefer einatmen, Spritze ist noch im Bauch und wird tiefer gestochen und Schmerzmittel wird gespritzt, dann noch tiefer...., bis der Tumor betäubt ist und ich vor Angst erstarrt.
Halt, wir sind noch nicht fertig.
Dann kommt die eigentliche Punktionsnadel, auch sie wird senkrecht angesetzt. Aber gleich bis tief in den Tumor gestochen, dann fährt der Tisch wieder in die Röhre, schließlich will der Arzt auch sehen das die Nadel im Tumorgewebe gelandet ist und nicht etwas anderes punktiert. Das Bettchen fährt heraus und der Arzt drückte an der Punktionsnadel auf ein kleines Häkchen, zack, die Gewebeprobe ist in der Nadel.
Und ich lebe noch, das war knapp. :trösten:
Danach impfte man mich Vorsorglich gegen Pneumokokken. Denn die Ärzte dachten man müsse mir mit dem Tumor auch die Milz entfernen. In der Nacht bekam ich fast 40 Grad Fieber und in den folgenden Tagen ging es mir wirklich schlecht .
Man verlegte mich in ein Einzelzimmer. Das konnte ich sehr wohl geniessen, denn ich bin Nachtaktiv und meine Zimmergenossinnen wollten früh schlafen. Außerdem schnarche ich viel lieber allein.
Ich hatte die Impfung in den Bauch bekommen und der war fast 4 Tage lang dick angeschwollen. Unzählige Eisblasen halfen mir wieder schlank zu werden.
Nun musste die OP natürlich um die 4 Tage verschoben werden. Außerdem wussten die Ärzte noch nicht um was es sich da in meinem Bauch handelte. Das Untersuchungsergebnis lag noch nicht vor.
Am Freitag, (14.Mai) sagte mir mein Arzt das ich einen Gastrointestinalen Stromatumor, kurz GIST genannt, habe und das ich am Montag operiert werde.
Aus die Maus und das bei besten Blutwerten.
Operation am 17.Mai. Die Ärzte entfernten einen 1165 gr. schweren GIST von Kindskopfgröße. Der Tumor füllte den gesamten Raum unter dem linken Zwergfell aus und hatte Magen, Milz und Querkolon total verdrängt. Er ließ sich wohl gut entfernen und die Ärzte sahen keine Metastasen. Alle anderen Organe, auch die Milz, blieben in meinem Bauch.
Durch Morphin im Dämmerschlaf gehalten war ich nur einen Tag auf der Intensivstation. Auf der "normalen" Station durfte nochmal 2 Tage dämmern.
Ich wurde am Montag operiert und habe bis Donnerstag früh fast nur geschlafen.
In der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag wurden die Medikamentenfläschchen langsam abgesetzt und der Katheder gezogen. Man befreite mich nach und nach von dem Beatmungsschlauch und der Magensonde. Eine Braunüle in meiner Halsvene blieb noch 24 Stunden länger.
Donnerstag sollte ich mich ein wenig waschen, aber dazu war ich viel zu schwach. Eine Schwester nahm sich meiner an und wusch mich, kämmte mir die Haare, trocknete mir die Tränen und machte mir Mut.
Sie setzte mich in einen Stuhl,wickelte mich in eine warme Decke, gab mir zu lesen und die Klingel, für alle Fälle. Und für mich geschah ein kleines Wunder, denn nach ca. 3 Stunden ging es mir schon wieder etwas besser. Der Kreislauf hatte sich ein wenig erholt und ich wagte die ersten Schritte.
Meine Freude war groß, als ich wieder auf dem Stationsflur laufen konnte. Ganz, langsam und immer an der Wand lang, aber ich lief.
Den ganzen Freitag "trainierte" ich. Schnell nach Hause war mein Ziel.
Die Braunüle aus der Halsvene wurde gezogen, ich war ganz erstaunt als ich hörte das sie an die Haut genäht wird. Ihren ehemaligen Platz sieht man heute noch. Der Schlauch, der aus meinem Bauch herausschaute, wurde dann am Nachmittag entfernt und siehe da, ich war wieder Plastikfreie Zone.
Da ich die ganze Woche nur auf dem Rücken schlafen konnte, wollte ich nicht mehr im Bett liegen. Ich ging die Nacht vom Freitag zum Samstag im Krankenhaus spazieren und schlief nur wenig.
Um 6.00 habe ich meine Tasche gepackt, mich gewaschen und angezogen. Dann habe ich meine Freundin angerufen und der Stationsschwester gesagt das ich nach Hause gehe. :blumen:
Auf den Arzt musste ich noch ein wenig warten, der sagte mir dann das man mich nicht entlassen kann, da ich noch eine Nachbehandlung brauche. Da erst erfuhr ich das ich eine Krebs Patientin bin.
Ich bin trotzdem nach Hause gegangen. Laufen funktioniert ja, also konnte ich mich auch selbst versorgen. Am ersten Wochenende nach der OP habe ich viel im Internet über GIST gelesen. Teilweise war ich schockiert und betroffen von den Berichten die ich gefunden habe. Aber ich war froh überhaupt etwas über diese Krankheit zu lesen.
Nur leider gibt es noch keine Selbsthilfe Gruppe in Berlin. Aber ich denke das lässt sich ändern !
Ich weiß das ich noch einen langen Weg vor mir habe. Denn bei einer PET-CT Untersuchung am 24. Juni hat der Arzt 3 Metastasen entdeckt. :heul:
Alleine würde ich das vielleicht nicht durchstehen. Aber ich habe in den letzten Wochen gemerkt, das ich sehr gute Freunde habe auf die ich mich immer verlassen kann. Sie haben mir Mut gemacht und mir Kraft gegeben. UND DAFÜR BIN ICH ALLEN SEHR DANKBAR !
Ich hoffe, meine Geschichte war informativ.
Ich habe sie nicht geschrieben, weil ihr mich bemitleiden sollt.
Denn mit der Krankheit kann ich gut umgehen.
Ich möchte euch nur zeigen, das jedes Leben ganz schnell
wieder vorbei sein kann.
;) :trösten: :pfeifen: :P
Wollt ihr Teil II auch noch ?
Bearbeitet von InJa am 12.09.2005 18:49:59
Ich war seit einigen Monaten Arbeits- aber nicht Mutlos. Mit meinen 50 Jahren auf dem Buckel machte ich mir keine Illusionen, denn der Arbeitsmarkt will junge, dynamische Leute mit langjähriger Berufserfahrung. Ich bin für die Berufswelt nicht mehr jung genug.
Aber das Leben hat noch mehr zu bieten als nur die Arbeit. :unsure:
Meinen Tag verbrachte ich überwiegend zu Hause. Ein wenig lesen und meinen Kater beschäftigen. Ich hatte in der Nacht ziemlich schlecht geschlafen, immer wieder wurde ich von Schmerzen geweckt. Ich schlafe gerne auf der Seite, ob links oder rechts das ist nicht so wichtig. Nur in dieser Nacht war das Schlafen auf der linken Seite fast unmöglich. Die Rippen taten mir ganz schön weh. Komische Sache, wer weiß was das wieder für ein Zipperlein ist, so beruhigte ich mich erst mal.
Heute stand ein Tierarztbesuch auf dem Programm, mein Katerchen hat einen entzündeten Zahn. Mal hören was der Tierarzt dazu sagt.
Der Zahn wird gezogen. Am 26. April war seingroßer Auftritt, der arme Kater. So verbrachten wir ein ganz ruhiges Wochenende.
Nur der Schmerz auf der linken Seite machten mir zu schaffen. Ich fragte meine Freundin, ob sie eine Idee hat was das sein könnte. Sie meinte, es wäre vielleicht eine Rippenfellentzündung. Mein Kommentar, bloß das nicht.
Der Montag kam, der Zahn war gezogen und nun hatte ich einen kleinen Pflegefall im Haus. Fast 48 Stunden musste ich mich um ihn kümmern, es ging ihm überhaupt nicht gut.
Aber am Mittwoch war ich dran. Der Schmerz war schlimmer geworden, jetzt bemerkte ich ihn auch beim Atmen. Ich ging zum Hausarzt. Leider ist am Mittwoch nur die Vertretung in der Praxis. Die junge Ärztin meinte ich hätte zu viel Luft im Bauch und Sab-Symplex aus der Apotheke würde mir helfen. Froh, das es keine Rippenfellentzündung war, ging ich dann zur Apotheke und schnell nach Hause. Ich nahm brav die Tropfen ein. :rolleyes:
Aber der Schmerz hielt sich hartnäckig.
Am Donnerstag ( 29. April) ging ich dann wieder in die Praxis. Ich war froh meine Hausärztin zu sehen. Sie untersuchte mich, hörte sich meinen Bericht an und schrieb mir nicht nur eine Überweisung, sie rief auch im Röntgeninstitut an und machte einen Termin. Das fand ich etwas Ungewöhnlich.
Der Termin war für den nächsten Tag um 8.00 geplant. Im Institut wurde der Torax durchleuchtet und eine Sonographie gemach. Die Sono zeigte das im linken Oberbauch eine Verdickung war,die dort nicht hin gehörte. So wurde ich zum CT eine Etage tiefer geschickt, mit der Bitte um sofortige Untersuchung. Dann ging alles ganz schnell. Ausziehen, hinlegen, eine Kanüle in die Armvene für ein Kontrastmittel CT und dann in die "Röhre". Und das passiert mir, dem größten Angsthasen der Stadt.
Danach rief mich der Arzt zu sich ins Sprechzimmer. Er sagte mir das ich ein Notfall bin und sofort ins Krankenhaus gehöre. Ich hätte einen 16 cm großen Tumor im Bauch und der müsse dringend entfernt werden. Aber was das genau ist, konnte er mir auch nicht sagen. Ich war ziemlich Sprachlos.
Nun war es ja schon Freitag und ich dachte nicht daran vor Montag in die Klinik zu gehen. Meine Ärztin sagte mir ich dürfe nichts Essen und nur wenig Trinken. Sie ging davon aus, das der Tumor an der Bauchspeicheldrüse gewachsen war. Und womöglich auch noch platzen könnte. Aber auf Nahrung zu verzichten schreckte mich nicht.
Ich bin glücklicher Single und hatte vor meinem Weg ins Krankenhaus noch einiges zu erledigen. Da die Ärzte meine Situation nicht gerade günstig einschätzten, wusste ich ja nicht ob und wann ich wieder nach Hause kommen würde. :(
Schließlich braucht der Kater eine fütternde Hand und die musste ich jetzt finden. Einen Dank an die liebe Nachbarin. Nach einigen Tagen stellte sich heraus das sie eine Katzenallergie hat. Aber sie hielt tapfer durch.
Am Montag, (3.Mai) rief ich meine Freundin Ulrike an, wir fuhr dann gemeinsam in die Klinik. Zuvor hatte mir die Ärztin noch gesagt das meine Blutwerte in Ordnung waren. Also konnte die Sache doch gar nicht so schlimm sein.
Dort angekommen machte ich gleich die Erfahrung das es für Angsthasen sehr gut ist, wenn die beste Freundin einem das Händchen hält.
Bevor mich der Pfleger auf die Station brachte, wurde ich erstmal zur Ader gelassen. Großes Blutbild, das heißt mindestens für 8 kleine Fläschchen die Vene herhalten. Ich hasse Spritzen und alles was in die Haut gestochen wird. Und das der Arzt immer auf die schmerzende Stelle drückte fand ich auch nicht lustig.
Auf der Station lernte ich die Psychologin kennen. Sie kam im richtigen Moment, denn ich war nicht gerade in bester Verfassung. Ich lag heulend in meinem Bett, als sich eine junge Frau über mich beugte und fragte ob ich Interesse an Psychologischer Betreuung hätte.
Ja und nochmals ja, denn ich bin kein Mensch der Hilfe ablehnt. Ich habe mich selten so gut aufgehoben gefühlt. Mit ihr konnte ich über wirklich alles reden. Über die Angst vor den Untersuchungen, ganz besonders vor der Punktion und später dann vor der OP. Sie hat mich täglich besucht und mir einige Minuten vor der OP ein kleines Glas-Herz mit blauen Streifen in die Hand gedrückt, um mir damit zu zeigen das ich nicht allein bin. Es ging bei unseren Gesprächen nicht immer nur um trauriges. Wir haben auch oft so herzhaft gelacht, das mir davon Tränen in den Augen standen.
Übrigens hat das Glas-Herz heute einen ganz besonderen Platz in meiner Wohnung und in meinem Leben. Denn wenn ich wieder zu einer Untersuchung muss, und das kommt nicht gerade selten vor, dann nehme ich es mit. Es gibt mir das Gefühl, nicht alleine zu sein.
Ohne Frau Funke wäre ich bestimmt nicht bist zur OP im Krankenhaus geblieben. Danke, für die liebevolle Unterstützung.
Am Dienstag gingen dann die Untersuchungen weiter. Noch mal ein Kontrastmittel CT, das heißt, eine Kanüle wird in die Armvene gelegt und wenn man in der Röhre liegt, wird ein Kontrastmittel in den Körper gespritzt. Es wird einem ganz heiß und ich hatte das Gefühl das ich jetzt gleich hier auf den Tisch piseln muss. Später habe ich von anderen Patienten gehört das es ihnen auch so ging. Dann gab es noch einmal eine Sono und zum Abschluss eine Magenspiegelung.
Das war's dann, man schob mich in mein Zimmer und die Ärzte warteten auf die Ergebnisse, eine ganze Woche lang.
Am Montag, (10. Mai) wollte man den Tumor punktieren. Das wurde auch in der "Röhre" gemacht. Viele Ärzte, viel Angst und keine Narkose.
Ich musste mich auf das schmale Bettchen der "Röhre" legen, dann wurde ein CT gemacht und ich durfte mich nicht mehr bewegen. Die Untersuchung lief folgendermaßen ab: flach einatmen, eine Spritze wird senkrecht in den Tumor gestochen und ein wenig Schmerzmittel wird gespritzt, dann etwas tiefer einatmen, Spritze ist noch im Bauch und wird tiefer gestochen und Schmerzmittel wird gespritzt, dann noch tiefer...., bis der Tumor betäubt ist und ich vor Angst erstarrt.
Halt, wir sind noch nicht fertig.
Dann kommt die eigentliche Punktionsnadel, auch sie wird senkrecht angesetzt. Aber gleich bis tief in den Tumor gestochen, dann fährt der Tisch wieder in die Röhre, schließlich will der Arzt auch sehen das die Nadel im Tumorgewebe gelandet ist und nicht etwas anderes punktiert. Das Bettchen fährt heraus und der Arzt drückte an der Punktionsnadel auf ein kleines Häkchen, zack, die Gewebeprobe ist in der Nadel.
Und ich lebe noch, das war knapp. :trösten:
Danach impfte man mich Vorsorglich gegen Pneumokokken. Denn die Ärzte dachten man müsse mir mit dem Tumor auch die Milz entfernen. In der Nacht bekam ich fast 40 Grad Fieber und in den folgenden Tagen ging es mir wirklich schlecht .
Man verlegte mich in ein Einzelzimmer. Das konnte ich sehr wohl geniessen, denn ich bin Nachtaktiv und meine Zimmergenossinnen wollten früh schlafen. Außerdem schnarche ich viel lieber allein.
Ich hatte die Impfung in den Bauch bekommen und der war fast 4 Tage lang dick angeschwollen. Unzählige Eisblasen halfen mir wieder schlank zu werden.
Nun musste die OP natürlich um die 4 Tage verschoben werden. Außerdem wussten die Ärzte noch nicht um was es sich da in meinem Bauch handelte. Das Untersuchungsergebnis lag noch nicht vor.
Am Freitag, (14.Mai) sagte mir mein Arzt das ich einen Gastrointestinalen Stromatumor, kurz GIST genannt, habe und das ich am Montag operiert werde.
Aus die Maus und das bei besten Blutwerten.
Operation am 17.Mai. Die Ärzte entfernten einen 1165 gr. schweren GIST von Kindskopfgröße. Der Tumor füllte den gesamten Raum unter dem linken Zwergfell aus und hatte Magen, Milz und Querkolon total verdrängt. Er ließ sich wohl gut entfernen und die Ärzte sahen keine Metastasen. Alle anderen Organe, auch die Milz, blieben in meinem Bauch.
Durch Morphin im Dämmerschlaf gehalten war ich nur einen Tag auf der Intensivstation. Auf der "normalen" Station durfte nochmal 2 Tage dämmern.
Ich wurde am Montag operiert und habe bis Donnerstag früh fast nur geschlafen.
In der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag wurden die Medikamentenfläschchen langsam abgesetzt und der Katheder gezogen. Man befreite mich nach und nach von dem Beatmungsschlauch und der Magensonde. Eine Braunüle in meiner Halsvene blieb noch 24 Stunden länger.
Donnerstag sollte ich mich ein wenig waschen, aber dazu war ich viel zu schwach. Eine Schwester nahm sich meiner an und wusch mich, kämmte mir die Haare, trocknete mir die Tränen und machte mir Mut.
Sie setzte mich in einen Stuhl,wickelte mich in eine warme Decke, gab mir zu lesen und die Klingel, für alle Fälle. Und für mich geschah ein kleines Wunder, denn nach ca. 3 Stunden ging es mir schon wieder etwas besser. Der Kreislauf hatte sich ein wenig erholt und ich wagte die ersten Schritte.
Meine Freude war groß, als ich wieder auf dem Stationsflur laufen konnte. Ganz, langsam und immer an der Wand lang, aber ich lief.
Den ganzen Freitag "trainierte" ich. Schnell nach Hause war mein Ziel.
Die Braunüle aus der Halsvene wurde gezogen, ich war ganz erstaunt als ich hörte das sie an die Haut genäht wird. Ihren ehemaligen Platz sieht man heute noch. Der Schlauch, der aus meinem Bauch herausschaute, wurde dann am Nachmittag entfernt und siehe da, ich war wieder Plastikfreie Zone.
Da ich die ganze Woche nur auf dem Rücken schlafen konnte, wollte ich nicht mehr im Bett liegen. Ich ging die Nacht vom Freitag zum Samstag im Krankenhaus spazieren und schlief nur wenig.
Um 6.00 habe ich meine Tasche gepackt, mich gewaschen und angezogen. Dann habe ich meine Freundin angerufen und der Stationsschwester gesagt das ich nach Hause gehe. :blumen:
Auf den Arzt musste ich noch ein wenig warten, der sagte mir dann das man mich nicht entlassen kann, da ich noch eine Nachbehandlung brauche. Da erst erfuhr ich das ich eine Krebs Patientin bin.
Ich bin trotzdem nach Hause gegangen. Laufen funktioniert ja, also konnte ich mich auch selbst versorgen. Am ersten Wochenende nach der OP habe ich viel im Internet über GIST gelesen. Teilweise war ich schockiert und betroffen von den Berichten die ich gefunden habe. Aber ich war froh überhaupt etwas über diese Krankheit zu lesen.
Nur leider gibt es noch keine Selbsthilfe Gruppe in Berlin. Aber ich denke das lässt sich ändern !
Ich weiß das ich noch einen langen Weg vor mir habe. Denn bei einer PET-CT Untersuchung am 24. Juni hat der Arzt 3 Metastasen entdeckt. :heul:
Alleine würde ich das vielleicht nicht durchstehen. Aber ich habe in den letzten Wochen gemerkt, das ich sehr gute Freunde habe auf die ich mich immer verlassen kann. Sie haben mir Mut gemacht und mir Kraft gegeben. UND DAFÜR BIN ICH ALLEN SEHR DANKBAR !
Ich hoffe, meine Geschichte war informativ.
Ich habe sie nicht geschrieben, weil ihr mich bemitleiden sollt.
Denn mit der Krankheit kann ich gut umgehen.
Ich möchte euch nur zeigen, das jedes Leben ganz schnell
wieder vorbei sein kann.
;) :trösten: :pfeifen: :P
Wollt ihr Teil II auch noch ?
Bearbeitet von InJa am 12.09.2005 18:49:59