Zitat (Bea3 @ 14.12.2014 15:15:11) |
Hallo seidenlöckchen, entschuldige zunächst, dass ich erst einmal nach deinem Geburtsdatum gesehen habe. Dadurch kann ich dich viel besser verstehen und es freut mich, wie ihr es in deiner Familie macht. Diese Unverständnisse treten eben zwischen Generationen auf. Ich bin der Jahrgang 1953 und der hatte eben eine andere Kindheit und Jugend, wie zum Beispiel meine Kinder und du. Ich bin jetzt nur in dem Vorteil, dass ich meine Kindheit, die meiner Kinder (in großen Abständen geboren) und die meiner Enkel vergleichen kann. Du wirst sehen, in einigen Jahren redest du auch so. Überlege doch nur mal, wenn heute Jemand die Streiche machen würde, wie wir damals, oder wenn wir uns mal bis ins tiefste Dunkel sozusagen "verspielt" hatten. Wir bekamen zu Hause den A..... versohlt, heute würde es nicht so ausgehen. Falls ich mich wieder falsch ausgedrückt habe, bitte ich um Entschuldigung. L.G. Bea3 |
ich kann dir wieder nicht zustimmen. und ich glaube nicht, dass das etwas mit missverständnissen zwischen den generationen zu tun hat. wie ich in einigen jahren rede, kannst du nicht wissen. und ich auch nicht. du schließt aus deinen eigenen erfahrungen oder den erfahrungen anderer darauf, wie es später bei allen anderen sein wird, was ich anmaßend finde.
streiche wurden immer gespielt, und es gab niemals nur eine reaktion darauf. nicht nur wütende opfer und verprügelte kinder. streich ist auch nicht gleich streich, das war es früher nicht und heute auch nicht. heute sieht man, worüber ich sehr froh bin, viele dinge differenzierter und auch sensibler. kinder haben ein recht auf eine gewaltfreie erziehung, und dieser "neumodische unsinn" ist sogar im gesetz verankert.
trotzdem gibt es genügend menschen, die es für richtig halten, kinder mit gewalt zu bestrafen, wenn sie einen fehler begangen oder sich schlecht verhalten haben. aber was rede ich, ich habe ja nur drei kinder, und die sind auch noch recht klein. irgendwann werde auch ich sie ohrfeigen, das ist so sicher wie das amen in der kirche, wenn man den leuten glauben darf, die schläge für richtig halten und die meinen, dass man nur so weiterkommt. mein mann ist nie von seinen eltern geschlagen worden und kennt es gar nicht anders, während meine mutter mit ohrfeigen und schlägen nicht gegeizt hatte. und mein mann war kein engel.
ich kann die jugend meiner oma mit der meiner eltern und meiner eigenen vergleichen, auch mit der meiner kinder. das sind schon vier generationen. papiertüten mit hundedreck füllen und an häuserwände werfen oder vor der haustür anzünden fand ich niemals lustig. das ist es wohl nur für die, die es nicht wegputzen oder manche dinge danach wegwerfen müssen. laut meiner oma war das früher sehr beliebt als "streich".
heute ist die grundstimmung oft so, dass kinder mehr respektiert und als eigene persönlichkeiten angesehen werden, nicht mehr nur als nachkommen ihrer eltern, die deren wünsche und anforderungen an sie zu erfüllen haben. ich sollte pianistin werden. guter gott, war ich schlecht beim klavierunterricht. und eine herbe enttäuschung für meine mutter. gefragt wurde ich nicht, ob ich überhaupt klavierstunden haben wollte.
mit grauen erinnere ich mich daran, wie ich widerliche freunde meiner eltern mit knicks und küsschen begrüßen und mir ihre küsse gefallen lassen sollte. auch hier wurde ich nicht gefragt. meine kinder wissen, dass sie niemanden küssen müssen, wenn sie es nicht wollen. nicht einmal mich. wenn ich ihm etwas verbiete, mag mein sohn mir abends keinen gute-nacht-kuss geben. dann ist er wirklich sauer auf mich, weil er sonst recht gern schmust. damit lebe ich, und ich erzwinge keine zärtlichkeiten von ihm. ich bin noch damit aufgewachsen, dass man umarmungen und küsse verteilt, um sich zu bedanken, und dass man sich in die wange kneifen lassen muss, wenn es dem "onkel" gefällt.
für meine oma ist das wunderbar zu sehen, wie meine kinder aufwachsen, und andere kinder in ihrem alter. ihre kindheit war so anders als meine. von einer liebevollen oma konnte sie nur träumen, ihre war, wie sie sagt, die reinste hexe. heute weiß sie, dass diese frau sie nicht mochte und nicht einmal mit ihr verwandt war. sie wurde vor über siebzig jahren dafür bezahlt, sie als ihre enkelin und meine urgroßmutter als ihre tochter auszugeben. hätte sie das damals schon gewusst, hätte sie sich nicht jahrzehntelang fragen müssen, was mit ihr nicht stimmte, weil sie von ihr so abgelehnt wurde. und sie nahm sich vor, die beste oma der welt zu werden, falls sie enkelkinder haben sollte.
für mich war sie das und ist es immer noch, obwohl sie vieles in meiner kindheit und jugend nicht verstand. löchrige mode hat sie niemals verstanden oder gemocht, aber trotzdem hat sie mit meinem sohn bereitwillig eine alte jeans mit schmirgelpapier bearbeitet, damit er noch mehr wie ein trucker aussieht. er ist der festen überzeugung, dass er später einmal lkw-fahrer wird. anstatt ihm das zu zerstören und ihm zu sagen, dass er auch arzt oder anwalt werden könnte, wie manche eltern und großeltern das reflexartig machen, lässt sie ihm, wie wir auch, diese gedankenspiele. er wird nicht in eine richtung gedrängt, auch nicht von meinem mann, damit er später die firma übernimmt. er wird sich seinen berufsweg selbst suchen. alles, was moralisch vertretbar ist, werden wir unterstützen. und uns später nicht beklagen, dass er vielleicht nicht einen von uns anvisierten beruf ergriffen hat. das war vor noch nicht allzu langer zeit noch an der tagesordnung.
an meiner oma sehe ich, wie kritisch sie vergangenheit und gegenwart betrachtet und vieles nicht gutheißt, was früher war, und wie viel besser manche dinge heute sind. dabei lehnt sie nicht alles von früher ab und findet auch nicht alles heute gut. ich hoffe, diese sicht auf die dinge werde ich, wie sie auch, beibehalten können, und niemals in ein starres "früher war alles besser" verfallen. sie ist eine eifrige computernutzerin, und sie chattet furchtbar gern. das hat es früher nicht gegeben, und sie vermisst es auch nicht, dass man früher viel länger auf lebenszeichen von lieben freunden und familie warten musste, die weit entfernt leben.
gutes gab früher und heute, aber auch schlechtes. was man in welche kategorie steckt, ist jedem selbst überlassen. eines tages werde ich meinen kindern vielleicht sagen müssen, dass man früher pizza mit einem auto geliefert bekam und dass sie nicht mit kleinen flugobjekten ankam. :lol: