Hallo Allerseits,
gerade wurde im Vekehrsportal von einem Quecksilberunfall durch ein zerbrochenes Thremometer berichtet. Die nach dem Unfall eingeleiteten Maßnahmen waren derart überzogen, daß ich es für würdig halte, den Fall zu diskutieren und Ratschläge zu geben, wie sinnvollerweise Schadensbegrenzung und -beseitigung zu betreiben ist.
Der VP-Originalthread ist hier (leider nur für Member des VP).
Die offiziellen Artikel, die der User Coyota verlinkt hat, sind diese:
Pressemitteilung der Polizei
Bericht aus "Feuerwehrwelt"
Hierzu habe ich folgenden Kommentar:
Nun, hier fehlte dann wohl mal wieder das Finegerspitzengefühl....
Quecksilber *ist* gefährlich, und wenn man es verkippt, sollte man schon *angemessene* Maßnahmen ergreifen. Was aber ist angemessen?
Quecksilber war in früheren Zeiten ein beliebtes Abführmittel und wurde in signifikanten Mengen *getrunken*!
Elementares, flüssiges Quecksilber birgt nur geringe Gefahren. Es ist schlecht durch die Haut resorbierbar, und selbst der Magen-Darm-Trakt scheint relativ inert gegen dieses Metall zu sein. Im flüssigen Zustand wird es also kaum vom Körper aufgenommen.
Eklig am Quecksilber ist: es verteilt sich so schön. Quecksilbertropen "rollen" auf einer festen Oberfläche überall hin, und sie durchdringen grobe Stoffe wie Wasser. Quecksilber ist sehr schwer, sodaß es in grobes Gewebe schnell eindringt. Und: Es hat einen sehr hohen Dampfdruck, und hier liegt das Problem:
Die Giftwirkung geht vom gasförmigen Quecksilber aus. Über den Atemtrakt wird das Gas offenbar sehr gut resorbiert, und im Körper scheint es oxidiert zu werden, und kann dann mit anderen Substanzen abreagieren. Quecksilberorganische Verbindungen sind i.A. hochtoxisch.
Abgesehen von seltenen Überempfindlichkeitsreaktionen kann nach GESTIS Quecksilber in *hohen* Konzentrationen folgende akute Wirkungen haben:
Zitat |
Reizung der Atemwege durch Dämpfe, bei höheren Konzentrationen Lungenschädigung und schwere gastrointestinale sowie Nierenfunktionsstörungen; hautsensibilisierendes Potential chronisch: ZNS-Störungen |
Zitat |
Offensichtlich höheren Konzentrationen war eine 4-köpfige Familie ausgesetzt. Innerhalb von 24 h wurden 2 der Betroffenen kurzatmig. Unwohlsein, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall kamen hinzu. Die Atembeschwerden verstärkten sich. 2 der Verunfallten starben nach ca. 1 Woche an einem Hirnödem, die beiden anderen nach ca. 3 Wochen an Herzstillstand. Insgesamt sind etwa 10 Todesfälle dieser Art beschrieben worden, wobei die hohen Konzentrationen meist auf eine Erhitzung von flüssigem Hg unter ungünstigen Bedingungen zurückzuführen waren. |
In Anbetracht der Lage, in welch großen Mengen und Zeiträumen (i.e. seit Verwendung des Hg in Thrmometern und Druckmeßgeräten) Quecksilber bei Endverbrauchern weltweit in Verwendung ist, sind 10 dokumentierte Fälle extrem wenig.
Das andere Problem, ist die chronische Belastung. So kann Hg im Bettzeug über Jahre verdunsten und während des Schlafens eingeatmet werden. Aufgrund der kumulativen Wirkung ist dann eine schleichende Vergiftung, die effektiv so gut wie nicht nachzuweisen ist (Ehemänner: aufgepaßt :) ; aber nur, wenn Ihr in getrennten Zimmern schlaft), durchaus denkbar. Irreversible Schäden des Zentralnervensystems sind dann möglich.
Was ist zu tun, wenn Quecksilber vergossen wird?
Ruhe bewahren.
Eine Evakuierung ist nur notwendig bei sehr großen Mengen (mehr als ein Schnappsglas voll) oder wenn das Quecksilber auf sehr warme Oberflächen kommt (Heizung, Herdplatte).
Stoffe, in die das Metall eingezogen ist, sind zu entsorgen.
Auf festen Oberflächen sollte man versuchen, wegrollen der Quecksilberkügelchen zu verhindern. Mit einem Papierstreifen kann man die Tropfen gut vorsichtig "zusammenfegen" und dann versuchen, die gebildeten großen Tropfen wie mit einer Schaufel aufzunehmen und in ein verschließbares (Marmeladen-)Glas zu schütten. Profis werden eine Quecksilberzange zur Hand haben.
Fein verteiltes Quecksilber streut man mit Zinkpulver (Apotheke) ab, und wartet ewas, bis sich Zinkamalgam gebildet hat. Das Quecksilber geht hier gerne eine Legierung mit dem Zink ein und wird dadurch immobil. Da Zinkamalgam kann man dann einfach zusammenfegen und entsorgen.
Entsorgung:
"Das kommt drauf an!"
Liegt das Hg zusammengesammelt in einem Glas vor, dann sollte man es in einer Apotheke (nehmen die das überhaupt? Ich tät's, denn als Profi kann man das gut verwerten oder verkaufen) oder beim regionalen Entsorger beschriftet abgeben.
Wenn ich ein ganzes Oberbett entsorgen müßte, dann käme es mir auf die Menge des aufegnommen Quecksilbers an. Wenn größere Mengen ausgelaufen sind, kommt der Stoff in einen dichten Müllsack und dann zum Entsorger. Im vorliegenden Fall wird das Reservoir wahrscheinlich noch auffindbar und intakt gewesen sein; dann das Reservoir zum Entsorger und das berbett in den Müll. Die Aufarbeitung eines Oberbettes für 0,1 g Hg ist wahrscheinlich umweltschädlicher als die Endlagerung auf der Hausmüll-Deponie.
Lese ich die von Coyota verlinkten Berichte, dann frage ich mich: Steckten die Kollegen von der Feuerwehr im Feiertags-Groove und hatten Langeweile?
Viele Grüße,
H.H.
(der schon so viel Hg hat entsorgen müssen, ....)