Jedes Kind hat sein eigenes tempo, seine speziellen Fähigkeiten und seine besonderen Talente. Und genau darum bin ich der Ansicht, daß unser 3gliedriges Schulsystem sehr gut aufgestellt sein sollte.
Das Problem sehe ich einerseits in der Qualifikation unseres Lehrpersonals, andererseits in der ideologischen, falschverstandenen Gleichmacherei.
Gehen wir davon aus, daß es Kinder gibt, die Schwächen haben, abstrakt zu denken und ncht in der Lage sind, selbständig Lösungsansätze zu finden. Ich glaube, wir sind uns einig, daß man diese Kinder mehr praxisbezogen ausbilden sollte.
Andere Kinder sind geistige Überflieger; die sollte man doch intellektuell fordern, bis ihnen die Köpfe rauchen.
Und es gibt diejenigen, denen die kaufmännische Seite liegt, die jedoch keinen Nagel in Wand schlagen können.
Diese Tendenzen sind prinzipiell schon recht früh erkennbar. Und hierfür war ursprünglich das 3gliedrige Schulsystem geschaffen worden und hat sich über ein Jahrhundert bewährt.
Auf der Hauptschule werden intellektuelle Grundfähigkeiten vermittelt und in einen praxisnahen
Bezug gebracht. Nach 8-10 Jahren ist das Kind reif für die Handwerks-Lehre.
Auf der Realschule wird neben der Stoffvermittlung das abstrakte Denken gefördert. Nach 10 Jahren ist das Kind reif für die kaufmännische Lehre.
Die intellektuell überlegenen Kinder werden darauf ausgebildet, Probleme zu lösen und abstrakte Aufgaben zu bewältigen. Wer will, kann 2-3 Jahre anschließen, um sich auf das Studium vorzubereiten. Hier bildet sich die intellektuelle Elite, die Geschicke eines Betriebes oder eines Landes oder der Wissenschaft bestimmen wird.
Das ist die Idee. Und hat man ein Kind in jungen Jahren falsch eingeschätzt, so kann es durch die Quervernetzung den Schultyp wechseln, sowohl in die eine Richtung, als auch in die andere Richtung.
Will man dieses System sozial gerecht und volkswirtschaftlich effizient anwenden, muß man folgendes akzeptieren:
1.) Der *Wert* aller menschen ist gleich.
2.) Jedes Kind muß die Chance bekommen, jeden Schultyp besuchen zu können, ohne Ansehen des sozialen Status der Eltern.
3.) Jedes Kind hat unterschiedliche *Fähigkeiten*
4.) Chancengleichheit bedeutet nicht Erfolgsgleichheit.
Es muß jedem Kind ermöglicht werden, die Schule, die es will, zu *besuchen*.
Es muß *nicht* jedem Kind ermöglicht werden, diese Schule *erfolgreich zu absolvieren*.
Nur, weil ein Kind in der Lage ist, Differentialgleichungen 3. Grades zu lösen, ist es doch kein besserer Mensch als der Automechaniker, der mit den Fingerspitzen an den Vibrationen des Motors erfühlt, welcher Zylinder nicht richtig zündet.
Ich selbst bin Akademiker; das hindert mich aber nicht daran, die mit Erstaunen die handwerklichen Fähigkeiten eines Schreiners zu bewundern, der mit seinen Händen ein Kunstwerk erschafft, das ich niemals selbst bauen könnte.
Wie sieht es aber in der Praxis aus?
Jedes Kind *muß* heutzutage Abitur machen. Es wird von den Eltern dazu getrieben. Und die Unternehmen fordern dies zum Teil auch so.
Mit Realschulabschluß ins Bank-Fach? Hm, schwierig.
Aber warum braucht ein Bankkaufmann Integralrechnung? Statt ihn in der Realschule gezielt auf sein Berufsfeld vorzubereiten, werden 2-3 Jahre verschwendet, in der er Ballast lernt, den er nie wieder braucht (bzw. wenn er ihn im Rahmen von Fortbildungen irgendwann mal gebrauch könnte, längst wieder vergessen hat).
Andererseits führt die falschverstandene "Chancengleichheit" dazu, daß jedem Kind das Abitur ermöglicht wird, weil die Stoffmenge begrenzt und die Anforderungen gesenkt werden. Dies führt dazu, daß die angehenden Akademiker mangelhaft auf ihr Studium vorbereitet werden.
Tja, das Lehrpersonal....
Auch so ein Thema.
Man darf zweifellos nicht alle
Lehrer über einen Kamm scheren. Jede Verallgemeinerung wäre unfair.
M.E. zeigen aber sehr viele Lehrer eine typische Beamtenmentalität, sie verrichten ihren gutbezahlten Job und genießen ansonsten ihre umfangreiche
Freizeit. Seien wir doch mal ehrlich: Wenn ich ein Fach
studiert habe und jeden Tag unterrichte, dann kann ich doch spätestens nach ein paar Jahren den Unterricht aus dem Ärmel schütteln. Lehrer, die dies nicht könnten, sind auf ihrem Posten falsch.
Ach, ja, und dann sind da ja noch die vielen Konferenzen und die Korrektur der Arbeiten, besonders, wenn ich Religion und Politik unterrichte.
Doch - STOPP!
Es gibt Lehrer, die wirklich jede Stunde gründlich vorbereiten, überlegen, wie man sie interessant gestalten kann, sich merken, welche Erklärungsvariante gut ankam und welche nicht. Es gibt die Lehrer, die sich weiterbilden und denen jedes einzelne Kind ihrer Klasse am Herzen liegt. Aber wie viele sind das?
Ich war selbst in der Lehrerausbildung an der Uni tätig und habe eine interessante Beobachtung gemacht:
In meinem Fachbereich gab es den Diplom-
Studiengang und den Lehramtsstudiengang. Der Diplom-Studiengang war heftig und entsprechend hoch waren die Ausfallquoten: 160 zu Beginn, 80 nach einem Jahr, 40 nach 2 Jahren.
Der Lehrmtsstudiengang war deutlich abgespeckt. Viele, der abgesprungenen Diplomer fanden sich dann in den Lehramts-Zweigen wieder.
Hinterher habe ich dann selbst Studenten betreut. Diejenigen, die von vornherein aus *Berufung* das Lehrmatsstudium begonnen hatten, die waren echt gut. Die Jungs und Mädels waren hochengagiert, eigneten sich freiwillig Wissen über ihren Studiengang hinaus an und es machte Spaß, mit ihnen zusammenzarbeiten.
Von den Wechslern kann ich dies nicht sagen. Ein schlechter Diplomer wurde nur in ganz seltenen Fällen (gabs aber auch) ein guter Lehramtler.
So, nu habe ich Euch ziemlich lang meine Ansichten über das 3gliedrige Schulsystem auseinander gesetzt. Nu gehts aber wieder ans Schaffe! ;-)
Ach, einen habe ich noch:
Zugunsten der Gesamtschule wird ja immer wieder das Beispiel Finnland angeführt. Finnland setzt auf die Einheitsschule und hat in den PISA-
Tests sehr gut abgeschnitten.
Jo, was sagt uns denn Finnland? Da gibts Bäume. Und dann gibt es da noch Bäume. Ja, und Bäume hat's da auch noch.
Was will ich sagen?
50 % der finnischen Schulen haben weniger als 50 Schüler! Da KANN man kein 3gliedriges Sytem aufziehen. Andererseits hat man dort die ideale Betreuung!
5 % der Schulen haben mehr als 500 Schüler.
Wieviele Schüler haben üblicherweise unsere weiterführenden Schulen?
Viele Grüße,
H.H.